Keine sofortige Vollziehung ohne Gefahr für ein Gemeinschaftsgut
Wie wichtig ein gut recherchierter und dokumentierter Sachverhalt ist, belegt der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13.01.2025, Az. RO 5 S 24.2733.

Ein Kessel Buntes
Eine Gaststättenbehörde widerrief eine Gaststättenerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Gastwirts. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass
- die Umsatzsteuererklärungen 2022 trotz mehrfacher Aufforderung nicht abgegeben wurden,
- zum Beitreiben der Gewerbesteuer und der Grundsteuer seit 2020 immer wieder Kontopfändungen erforderlich waren,
- im Schuldnerverzeichnis fünf Eintragungen wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft vorhanden waren,
- bei der Berufsgenossenschaft offene Forderungen in Höhe von 458,32 Euro bestanden,
- die Lebensmittelüberwachung des Landratsamts in den Bereichen Küche/Vorratsräume/Flur der Gaststätte Mäusebefall festgestellt hat,
- im Eingangsbereich der Gaststätte ein Warenautomat mit Alkoholika in Form von Sekt, Wein und Kräuterschnaps stand,
- in einem gesonderten und für jedermann zugänglichen Raum direkt neben dem Eingang zwei betriebsbereite Geldspielgeräte standen und
- eine Autovermietung ohne Gewerbeanmeldung betrieben wurde.
Der Betreiber der Gaststätte beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Das Verwaltungsgericht entschied, unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass eine weitere Berufstätigkeit während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Weil der Widerruf der Gaststättenerlaubnis einem Berufsverbot gleichkommt, muss in diesem Fall die Hürde für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs höher gelegt werden als im Normalfall. Dann ging das Gericht ins Detail und stellte u.a. fest:
- Die Rückstände gegenüber dem Finanzamt wurden vor dem Widerruf der Erlaubnis vollständig gezahlt.
- Bei den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis handelt es sich offenbar nicht um verschiedene Angelegenheiten.
- Ein Verstoß gegen das JuSchG lag nicht vor, da eine Entnahme alkoholischer Getränke aus dem Automaten nicht möglich war.
- Die Glücksspielgeräte wurden nicht von dem Gastwirt betrieben und vor dem Erlass des Widerrufs beschlagnahmt, sodass weitere Verstöße während des Verfahrens nicht zu erwarten sind.
- Die hygienerechtlichen Verstöße in der Gaststätte wurden abgestellt.
- Der Gastwirt betreibt keine Autovermietung, sondern stellt gelegentlich auf Nachfrage von Kunden für Veranstaltungen einen Bus zur Verfügung, der mit Getränken bestückt ist und im Wesentlichen über den Verzehr der Gäste finanziert wird.
Ergebnis
Es spricht zwar einiges dafür, entschied das Verwaltungsgericht, dass der Gastwirt die für den Betrieb einer Gaststätte erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Allerdings vermochte es nicht zu erkennen, dass der Weiterbetrieb der Gaststätte während der Dauer des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Daher wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis wiederhergestellt.