Keine Allgemeinverfügung gegen das Mitführen von Alkohol am Vatertag
Grundsätzlich kann eine Allgemeinverfügung gegen das Mitführen und Verzehren von alkoholischen Getränken auf öffentlichen Flächen nicht mit einer bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründet werden (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.05.2015, Az. 4 MB 39/12).
Die Ordnungsbehörde untersagte per Allgemeinverfügung am Vatertag das Mitführen und Verzehren alkoholischer Getränke auf bestimmten öffentlichen Flächen.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. Das Oberverwaltungsgericht gab im Beschwerdeverfahren der Beschlussfassung des Verwaltungsgerichts grundsätzlich recht.
Entscheidungsgründe
- Die Allgemeinverfügung, gestützt auf § 176 Abs. 1 Nr. 2 LVwG (Ordnungsverfügung) als Maßnahme der Gefahrenabwehr, ist hier unzulässig, da sie nicht zur Abwehr einer im einzelnen Fall bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich war.
- Eine derartige Gefahr liegt nur dann vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Diese Gefahrenprognose/Risikobewertung liegt hier nicht vor, sondern nur ein Gefahrenverdacht.
- Eine „politische“ Einschätzung derartiger Freiheitseinschränkungen liegt nicht in der Entscheidungskompetenz der Polizei- und Ordnungsbehörden.
- Zum Alkoholkonsum müssen in so einem Fall weitere Komponenten hinzutreten, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt von Verstößen gegen die öffentliche Sicherheit befürchten lassen. Der allgemeine Alkoholgenuss stellt somit noch keine Gefahr dar.
- Der Alkoholgenuss (auch in größeren Mengen) an Ausflügen oder am Vatertag muss daher gesellschaftlich gebilligt werden, da nur ein Gefahrenverdacht besteht, somit eine Allgemeinverfügung hiergegen unzulässig ist.
- Ein polizeilicher (Überwachungs-)Notstand kann nicht damit begründet werden, dass eine Verstärkung polizeilicher Einsatzkräfte an so einem Tag erforderlich sind oder dass aggressive „Handlungsstörer“ polizeiliche Einsätze gefährden.