09.04.2018

Kassel: Alligatorgehege ohne Absperrung

Weil er seine Alligatoren selbst gezüchtet hat und diese zahm sind, ließ der Betreiber einer Tierfarm Besucher in ein Alligatorgehege ohne Absperrung. Gegen die Verfügung, Besuchern nur dann Zutritt zum Alligatorgehege zu gestatten, wenn eine wirksame Abgrenzung vorhanden ist, klagte der Betreiber vor dem VGH Kassel (Beschluss vom 24.01.2018, Az. 4 B 2217/17).

Alligatorgehege ohne Absperrung

Eine Tierfarm wird seit Jahren mit einer behördlichen Erlaubnis betrieben. Vor Kurzem erweiterte der Betreiber seine Farm um einen für Besucher begehbaren Bereich für Alligatoren. Zwischen den Alligatoren und den Besuchern sind keine Gitter oder anderweitigen Vorrichtungen vorhanden, welche die Besucher vor den Tieren schützen. Zutritt zum Alligatorgehege haben nur volljährige Besucher. Vor dessen Betreten werden sie ausdrücklich über mögliche Gefahren für Leib und Leben aufgeklärt.

Bei einer Ortsbesichtigung durch die Naturschutzbehörde und die Ordnungsbehörde erklärte der Betreiber, dass er über die Eignung zum Führen von Alligatoren verfüge; diese seien von ihm überwiegend selbst gezüchtet und zahm. Für die Besucher bestehe keine Gefahr. Ein Wesenstest der Tiere werde diese Aussage bestätigen.

Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens hatte der Betreiber ein Betriebskonzept vorgelegt. Dies enthielt keine Angaben über eine beabsichtigte Zurschaustellung von Alligatoren ohne Trennbarrieren.

Entscheidungsgründe

  • Wird ein Zoo ohne die erforderliche Genehmigung oder im Widerspruch zu tierschutzrechtlichen Vorschriften (§ 42 Abs. 3 und 4 BNatSchG) errichtet, erweitert, wesentlich geändert oder betrieben, so kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Einhaltung der Anforderungen innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen. Sie kann dabei auch bestimmen, den Zoo ganz oder teilweise für die Öffentlichkeit zu schließen (§ 42 Abs. 7 BNatSchG).
  • Der Betreiber hat zwar für den Betrieb der Tierfarm eine Erlaubnis beantragt und auch erhalten. Diese ist auch weiterhin gültig. Für den Betrieb des Alligatorengeheges ohne Trennbarrieren verfügt er aber nicht über eine gültige Erlaubnis.
  • Gestützt auf § 42 Abs. 7 BNatSchG kann daher die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Einhaltung der Anforderungen innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen.
  • Die fehlende Abtrennung zwischen Besuchern und Alligatoren stellt gleichzeitig eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar und erfüllt den Tatbestand der Befugnisklausel.
  • Die Anordnung nach § 42 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG kann mit einer bestehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes begründet werden, wenn der Zustand des Zoos oder ein Verhalten des Betreibers zugleich den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt.
  • In Fällen, in denen der Betrieb eines Zoos gegen mehrere andere öffentlich-rechtliche Vorschriften i.S.v. § 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG verstößt, sind diese sämtlich in den Blick zu nehmen. Im Rahmen des nach § 42 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG eingeräumten Ermessens ist zu prüfen, welcher Verstoß eine Anordnung in Bezug auf den Zoobetrieb erfordert. Die Regelungen der Gefahrenabwehr in den Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen der Länder einerseits und die Vorschriften im StGB sowie OWiG – hier § 121 OWiG – andererseits schließen sich im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG nicht aus, sondern stehen selbstständig nebeneinander.
  • Je nach Lage des Falls können somit Verstöße gegen die Befugnisklausel, Verstöße gegen straf- oder bußgeldbewehrte Normen oder gegen baurechtliche oder immissionsrechtliche Vorschriften nebeneinander vorliegen. Sie können gleiche oder unterschiedliche Auflagen, Einschränkungen oder Verbote in Bezug auf den Betrieb der Tierfarm erfordern.

Ergebnis

Dem Betreiber der Tierfarm durfte rechtmäßig untersagt werden, den Besuchern Zutritt zu den Bereichen seines Alligatorengeheges zu gewähren, in denen keine durchgängigen Trennbarrieren zwischen Besuchern und Alligatoren vorhanden sind, die einen körperlichen Kontakt zwischen den Tieren und Besuchern ausschließen.

Hinweis für die Verwaltungspraxis

Zuständig sind in den Bundesländern grundsätzlich die Naturschutzbehörden, im Eilfall auch die Ordnungsbehörden. Das bedeutet, dass die Ordnungsbehörden unaufschiebbare Sicherungsmaßnahmen nach der Befugnisklausel des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes treffen können, wenn die sachlich zuständige Naturschutzbehörde nicht erreichbar ist oder die Gefahr unmittelbar bevorsteht, z.B. wenn sich Besucher im Alligatorengehege aufhalten und die Tiere einen Besucher verletzen könnten, weil die Absperrung fehlt.

Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_lareda.html#docid:8045167

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)