Kann eine immissionsschutzrechtliche Anordnung statt einer gaststättenrechtlichen Auflage erlassen werden?
Eine Gaststättenbehörde zeigte sich vor dem VG Hamburg (Beschl. vom 16.08.2024, Az. 7 E 3525/24) nicht auf dem neuesten Stand und verblüffte die Richter mit eigenwilligen Entscheidungen.
Erlass einer immissionsschutzrechtlichen Anordnung
Eine Gaststättenbehörde ordnete gegenüber dem Betreiber einer Schank- und Speisewirtschaft gestützt auf § 24 BImSchG folgende Maßnahmen an:
- Türen und Fenster sind dauerhaft – auch an und nach heißen Sommertagen – zwischen 22 und 6 Uhr geschlossen zu halten,
- die Beschallung des Außenbereichs mit aus der Gaststätte nach außen gerichteten Lautsprechern ist untersagt.
Der Gastwirt unterlag im Widerspruchsverfahren und beantragte danach vor dem VG die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.
Antrag mit teilweisem Erfolg
Das VG gab nur dem Antrag zu a) statt und lehnte den Antrag zu b) ab.
Antrag zu a)
Der belastenden Teilregelung fehlt die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Sie kann nicht auf § 24 Satz 1 BImSchG gestützt werden, wonach die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung von § 22 BImSchG und der auf das BImSchG gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen kann. Sie findet als selbstständige Anordnung auch keine Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG des Bundes. Sie kann auch nicht in eine Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG umgedeutet werden.
Weil die Gaststättenbehörde eine selbstständige immissionsschutzrechtliche Anordnung getroffen und nicht den gaststättenrechtlichen Genehmigungsbestand durch eine Auflage begrenzt bzw. neu geregelt hat, ist diese Maßnahme rechtswidrig. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wurde zu diesem Punkt wiederhergestellt.
Antrag zu b)
Der Gastwirt konnte glaubhaft darlegen, dass er keine Lautsprecheranlage besitzt. Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass er derartige Lautsprecher noch zu betreiben gedenkt. Dementsprechend hat er auch keine Vollzugsmaßnahmen zu befürchten. Insofern kann er, so das VG, auch kein Rechtsschutzbedürfnis geltend machen. Die Maßnahme zu b) ist nämlich nichtig.
Ergebnis
Für eine Anordnung zum Lärmschutz, die sich spezifisch auf die inneren Betriebsabläufe eines erlaubten Gaststättenbetriebs bezieht und mit der zugleich die Aufenthaltsbedingungen für Gäste wesentlich betroffen werden, ist § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG gegenüber § 24 BImSchG die speziellere Ermächtigungsgrundlage.