13.01.2011

Kann eine Gemeinde ein generelles Alkoholverbot in einer Benutzungsordnung zu einer Gemeindeeinrichtung anordnen?

In unserem Newsletter haben wir in früheren Ausgaben die Problematik von generellen Alkoholverboten (z.B. im „Bermuda-Dreieck“ in Freiburg) thematisiert. Eine Gemeinde in NRW hatte ein ausnahmsloses Alkoholverbot für eine die Stadthalle umgebende öffentliche Grünfläche in einer Benutzungsordnung angeordnet. Der Adressat eines Bußgeldbescheids klagte vor dem OLG Hamm. Dieses hatte sich mit der Frage zu befassen, ob das Alkoholverbot in diesem Fall zulässig ist (OLG Hamm, Beschluss vom 04.05.2010, Az. 3 RBs 12/10).

Bilder Akten

Ausgangslage

Eine Stadt in NRW hatte in ihre Satzung über die Benutzung der öffentlichen Grünanlage „Stadthalle C.“ das Verbot aufgenommen, im Bereich der zur Stadthalle gehörenden Grünfläche Alkohol zu konsumieren. Der Adressat eines Bußgeldbescheids rief das OLG Hamm an, weil er mit der Geldbuße nicht einverstanden war.

Die Entscheidung

Das OLG Hamm hatte zu entscheiden, ob die Stadtverwaltung berechtigt war, auf der Grundlage der Satzung gegen den „Täter“ ein Bußgeld zu verhängen. Hierzu hatte das OLG folgende Fragen zu klären:

  1. Ist die zur Stadthalle gehörende Grünanlage eine öffentliche Einrichtung mit der Folge, dass ein Alkoholverbot in dieser grundsätzlich in die Benutzungsordnung aufgenommen werden konnte?Öffentliche Einrichtungen sind Gegenstände oder eine Gesamtheit von Gegenständen, die von der Gemeinde für bestimmte öffentliche Zwecke gewidmet sind und deren Benutzung durch die Einwohner bzw. durch einen in der Zweckbestimmung festgelegten Personenkreis einer besonderen Zulassung bedarf.Nicht zu den öffentlichen Einrichtungen gehören die Sachen im Gemeingebrauch, die im Rahmen der Widmung von jedem auch ohne besondere Zulassung bestimmungsgemäß genutzt werden dürfen, etwa öffentliche Parks. Weil die Grünanlage „Stadthalle C.“ für jedermann ohne besondere Zulassung zugänglich ist, steht sie im Gemeingebrauch. Sie gehört daher nicht zur öffentlichen Einrichtung „Stadthalle C.“. 

    Ergebnis: Das Alkoholverbot konnte daher nicht in der Benutzungsordnung geregelt werden, entschied das OLG.

  2. Kann das Alkoholverbot auf eine Sondernutzungssatzung gestützt werden?Es ist anerkannt, dass der Alkoholkonsum auf öffentlichen Verkehrsflächen keine Sondernutzung im Sinne der straßenrechtlichen Bestimmungen darstellt, sondern sich noch im Rahmen des Gemeingebrauchs an öffentlichen Verkehrsflächen hält. Der ungestörten Teilnahme am Gemeingebrauch kommt nämlich entscheidende Bedeutung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu, sie ist Ausfluss der natürlichen Freiheit. Wird auf einer öffentlichen Fläche von einer oder mehreren Personen Alkohol getrunken, führt dies nicht dazu, dass dieses Verhalten sich nicht mehr im Rahmen des Gemeingebrauchs hält.Ergebnis: Daher konnte das Alkoholverbot auch nicht auf eine Sondernutzungssatzung gestützt werden.
  3. Nun hieß es für die Stadt „alles oder nichts“, denn das OLG musste die finale und entscheidende Frage beantworten: Durfte das in der Sondernutzungssatzung vorgesehene generelle Alkoholverbot auf das Recht der Kommunen gestützt werden, Gefahrenabwehrverordnungen zu erlassen?In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist anerkannt, begann das OLG, dass ein generelles Alkoholverbot ordnungsrechtlich nur zulässig ist, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das verbotene Verhalten, mithin der Konsum von Alkohol, regelmäßig und typischerweise zum Eintritt von Schäden, etwa in Folge von alkoholbedingten Gewaltdelikten, führt. Oder anders formuliert: stellt das Konsumieren von Alkohol eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts dar?Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden aber durch ordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlagen nicht gedeckt, urteilte das OLG und bezog sich auf die Rechtsprechung des VGH Mannheim.Ergebnis: Das Alkoholverbot in der öffentlichen Grünanlage „Stadthalle C.“ konnte daher auch nicht auf eine Gefahrenabwehrverordnung gestützt werden.

Endergebnis

Die in der Satzung über die Benutzung der öffentlichen Grünanlage „Stadthalle C.“ enthaltene Bestimmung über das generelle Verbot des Konsumierens von Alkohol ist rechtswidrig und damit nichtig. Damit kann diese Bestimmung auch nicht Grundlage dafür sein, ein Bußgeld zu verhängen.

Hinweis

Die Situation in einer öffentlichen Grünanlage ist nicht vergleichbar mit öffentlichen Einrichtungen wie etwa Schulen, Kindergärten, Bibliotheken, Sporthallen oder Schwimmbädern. Für diese Einrichtungen ist es bei Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BVerfG, NVwZ 2004, 975 f.) unbedenklich möglich, ein generelles Alkoholverbot wirksam bußgeldbewehrt anzuordnen.

Autor*in: WEKA Redaktion