18.12.2024

Kann auf den Mindestabstand verzichtet werden, wenn Kinder durch Erwachsene an der Spielhalle vorbeigeleitet werden?

Durch kreatives Argumentieren versuchte der Betreiber einer Spielhalle, der Ablehnung seiner beantragten glücksspielrechtlichen Erlaubnis zu entgehen (VG Aachen, Urteil vom 22.10.2024, Az. 10 K 316/23).

350 m zwischen erlaubten und verbotenem Spiel

Unterschreiten des Mindestabstands nach Gesetzesänderung

Der Betreiber einer Spielhalle beantragte vor dem Ablauf einer Befristung das Erteilen einer neuen Erlaubnis sowie die Duldung des Spielhallenbetriebs bis zum Abschluss des Erlaubnisverfahrens. Die Ordnungsbehörde teilte ihm mit, dass nach einer Gesetzesänderung nicht mehr der Abstand zwischen den Eingängen der Spielhalle und der Schule bzw. der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung maßgebend ist, sondern der Abstand bis zur Grundstücksgrenze der Einrichtungen. Der nach dem Landesspielhallengesetz zu wahrende Mindestabstand von 350 m werde daher mit 233 m nicht eingehalten. Der Antrag musste daher, so die Ordnungsbehörde, abgelehnt werden.

Der Betreiber klagte gegen die Ablehnung und begründete dies damit, dass die Kinder nicht selbstständig die Schule bzw. Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung aufsuchen, sondern von ihren Erziehungsberechtigten begleitet werden. Insofern bedürfen diese keines besonderen Schutzes und der Mindestabstand sei entbehrlich.

Warum sind Mindestabstände so wichtig?

Die Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle ist nach dem Landesspielhallengesetz (hier: § 16 Abs. 2 Satz 1 AG GIüStV NRW) zu versagen, wenn die Errichtung oder der Betrieb den Zielen des GIüStV zuwiderläuft. Zu diesen Zielen zählt nach § 1 Nr. 3 GIüStV u.a. der Jugend- und Spielerschutz. Diesem Ziel dienen insbesondere die gesetzlich vorgesehenen Mindestabstände.

Wie wird der Mindestabstand berechnet?

Spielhallen sollen nach den Spielhallengesetzen der Länder (hier: § 16 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW) nicht in räumlicher Nähe zu öffentlichen Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe betrieben werden. Maßgeblich ist ein Mindestabstand von 350 m (hier: § 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW).

Für die Berechnung dieses Mindestabstands ist von der Luftlinie zwischen dem Eingang der Spielhalle und den Grenzen der Grundstücke der Schule bzw. der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung auszugehen.

Unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage des Einzelfalls kann von dem Mindestabstand abgewichen werden.

Ist der Mindestabstand wegen der Begleitung der Kinder durch Erwachsene unbeachtlich?

Wenn ein Kind wegen seines jungen Alters bzw. des Standes seiner Entwicklung einer Begleitung bedarf, kann dies ein Indiz dafür sein, dass es noch nicht in der Lage ist, Spielhallen als solche wahrzunehmen. Regelmäßig ist aber eher davon auszugehen, dass sich jüngere Kindern an eine Spielhalle selbst dann gewöhnen, wenn sie von Erziehungsberechtigten begleitet werden. Es besteht daher die Gefahr, dass die Kinder die Spielhalle als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen und sich so an ihre Existenz gewöhnen. Um der Spielsucht bei Minderjährigen in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegenzuwirken, ist das Argument der Begleitung der Kinder durch Erwachsene zurückzuweisen.

Ergebnis

Der gesetzliche Mindestabstand ist unterschritten. Die Spielhalle ist daher nicht erlaubnisfähig. Die Klage des Spielhallenbetreibers wurde abgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)