05.06.2024

Ist eine Ersatzzustellung an eine Wärmestube gültig?

Eine Obdachlose gab als Zustelladresse eine Wärmestube an. Nach der Zustellung eines Dokuments versäumte sie die Rechtsmittelfrist und wollte die Fristversäumnis nicht akzeptieren (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2024, Az. L 3 AS 101/24).

Zustelladresse Wärmestube

Eine obdachlose Frau hatte als Adresse eine Tagesstätte für Wohnungslose („Wärmestube“ genannt) angegeben. Ein Urteil wurde an diese Adresse zugestellt. Da die Obdachlose nicht in der Wärmestube anzutreffen war, nahm eine Mitarbeiterin der Einrichtung die Post entgegen. Die Obdachlose versäumte die Frist und erhob eine Beschwerde.

Wohnen in der Wärmestube?

Nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann, wenn jemand in einer Gemeinschaftseinrichtung wohnt und dort nicht angetroffen wird, die Post ersatzweise dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter zugestellt werden. Zu den in der Vorschrift genannten Einrichtungen zählen, so das LSG, auch Obdachlosenunterkünfte und ähnliche Einrichtungen wie eine „Wärmestube“. Denn dort, entschied das LSG, kann eine obdachlose Person durchaus wohnen. Weil die Frau die „Wärmestube“ als Zustelladresse angegeben hat, ist davon auszugehen, dass sie dort auch wohnt.

War die Mitarbeiterin zur Entgegennahme bevollmächtigt?

War ein Mitarbeiter bereit, ein Schriftstück zum Zweck der Zustellung entgegenzunehmen, hat dies eine starke Indizwirkung für das Bestehen einer Vollmacht zur Entgegennahme eines Dokuments, fuhr das LSG fort. Diese Indizwirkung kann nur erschüttert werden, wenn plausibel und schlüssig abweichende Tatsachen vorgetragen werden. Dies konnte die Obdachlose jedoch nicht.

Ergebnis

Das Urteil, so das LSG, wurde wirksam im Weg der Ersatzzustellung zugestellt. Das Versäumen der Rechtsmittelfrist geht zulasten der Obdachlosen. Ihre Berufung wurde folgerichtig zurückgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)