09.07.2024

Ist der Halter bei einem Parkverstoß automatisch der Täter?

Weil Straßenverkehrsbehörde und Amtsgericht weder die Rechtsprechung noch die Literatur beachteten, musste das BVerfG beide auf ein Grundprinzip des Rechtsstaats hinweisen (BVerfG, Beschl. vom 17.05.2024, 2 BvR 1457/23).

Parkzeit überschritten

Ein PKW wurde in einem Bereich mit Parkscheibenpflicht abgestellt. Zugelassen war das Parken für eine Stunde. Drei Stunden später parkte das Fahrzeug immer noch an der gleichen Stelle. Der Halter erhielt einen Bußgeldbescheid in Höhe von 30 Euro. Er rief das Amtsgericht (AG) an, das den Bescheid der Bußgeldbehörde bestätigte.

Die Entscheidung des AG beruhte im Wesentlichen auf einem Lichtbild, auf dem der parkende PKW abgebildet war, sowie der Angabe im Bußgeldbescheid, dass dessen Adressat auch der Halter des Fahrzeugs ist. Der Halter erhob Verfassungsbeschwerde beim BVerfG.

Keine Ermittlungen zur Täterschaft

Das BVerfG zeigte sich verständnislos, weil Bescheid und Urteil keine Ausführungen und Erwägungen zu der Frage enthielten, ob der Halter auch der Täter war. Darauf kann aber nicht verzichtet werden, belehrte das Gericht die Behörde und das AG:

  • Es sind keine Angaben zu dem konkreten Verkehrsverstoß vorhanden und es wurde auch nicht dargestellt, ob dem Autofahrer ein aktives Tun oder ein Unterlassen zur Last gelegt wird.
  • Die Angaben im Bußgeldbescheid sowie die Lichtbilder, die das abgestellte Fahrzeug des Halters zeigen, haben keine Aussagekraft bezüglich der Frage, ob dieser den PKW auch tatsächlich dort abgestellt hat.
  • Aus der Haltereigenschaft des Betroffenen darf bei Fehlen jedes weiteren Beweisanzeichens nicht automatisch auf seine Täterschaft geschlossen werden.

Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur

„Angesichts der einhelligen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung zum unzureichenden Beweiswert der Haltereigenschaft als solcher ist nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht bei sachgerechter Verfahrensweise und bei Zugrundelegung sachgerechter Erwägungen zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre“, äußerte sich das Gericht.

Ergebnis

Wird bei einem Parkverstoß einzig aus der Haltereigenschaft auf den Täter geschlossen, verstößt dies gegen das Willkürverbot. Die Behörde und das Gericht hätten feststellen müssen, ob der Halter auch der Täter war. Das BVerfG hob die Verurteilung auf und verwies die Sache an das AG zurück.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)