08.12.2021

Immissionsschutz: Halloween-Party wegen mangelhafter Aktenführung abgesagt

Ist eine Halloween-Party ein unverzichtbarer Bestandteil des kulturellen Angebots? Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (VG Düsseldorf, Beschluss vom 28.10.2021, Az. 3 L 2335/21) musste zwischen den Interessen eines Gastwirts und seinen Gästen sowie dem Ruhebedürfnis der Anwohner entscheiden und blickte in lückenhafte Akten.

Immissionsschutz Halloween-Party

Eventlocation veranstaltet Halloween-Party

Ein Gastwirt beantragte eine Erlaubnis für die Benutzung von Musikinstrumenten, Tonwiedergabegeräten und ähnlichen Geräten im Rahmen einer Halloween-Party in einer Eventlocation für den Zeitraum vom 31.10.2021 (ab 21.00 Uhr) bis zum 01.11.2021 (bis 3.00 Uhr). Die Ordnungsbehörde erteilte die Erlaubnis als „Ausnahmegenehmigung“ unter Auflagen. Zuvor wurden dem Gastwirt bereits sieben ähnliche Veranstaltungen unter jeweils anderen Themen als „Ausnahmegenehmigung“ erlaubt.

Die betroffenen Anwohner erhoben Widerspruch gegen die Ausnahmegenehmigung und beantragten die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vor dem VG Düsseldorf.

Ausnahmegenehmigung für Halloween-Party erforderlich

Gemäß § 9 Abs. 1 LImschG NRW sind von 22.00 bis 6.00 Uhr Betätigungen verboten, die die Nachtruhe zu stören geeignet sind.

Gemäß § 10 Abs. 1 LImschG NRW dürfen Geräte, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen (Musikinstrumente, Tonwiedergabegeräte und ähnliche Geräte), nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden.

§ 10 Abs. 2 LImschG NRW bestimmt, dass auf öffentlichen Verkehrsflächen sowie in und auf solchen Anlagen, Verkehrsräumen und Verkehrsmitteln, die der allgemeinen Benutzung dienen, ferner in öffentlichen Badeanstalten, der Gebrauch dieser Geräte verboten ist, wenn andere hierdurch belästigt werden können.

Ausnahmeregelungen dazu können gemäß § 10 Abs. 4 LImschG NRW erteilt werden. Danach kann die örtliche Ordnungsbehörde bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse auf Antrag von den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Die Ausnahmen können unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden.

Halloween-Party im öffentlichen oder im überwiegenden privaten Interesse?

Das Vorhandensein eines öffentlichen Bedürfnisses bzw. eines öffentlichen Interesses kann nicht nur an Traditionen festgemacht werden, denn ansonsten bestünde keine Möglichkeit, auf das veränderte Freizeitverhalten der Bevölkerung zu reagieren und neue Konzepte für Veranstaltungen und Veranstaltungsabläufe zu entwickeln. Maßgeblich ist auch, ob und in welchem Maße eine Veranstaltung durch die Bevölkerung angenommen wird, insbesondere ob sie innerhalb eines kurzen Zeitraums im Bewusstsein der breiten Bevölkerung als unverzichtbarer Bestandteil des kulturellen Angebots angesehen und immer wieder nachgefragt wird.

Das Gericht konnte aber aus den Akten nicht entnehmen, inwiefern eine in dieser Form erstmals geplante Halloween-Party auf historischen, kulturellen oder sonst sozialgewichtigen Umständen beruhen könnte.

Das Gericht konnte den Tatbestand des § 10 Abs. 4 LImschG NRW nicht prüfen und entschied daher: Die Halloween-Party ist nicht im überwiegenden Interesse des Gastwirts und im öffentlichen Interesse geboten.

Nachbarliche Interessen nicht berücksichtigt

Im Rahmen der erforderlichen Ermessensentscheidung sei das öffentliche oder überwiegende private Interesse gegen die nachbarlichen Interessen unter Beachtung des Rücksichtnahmegebots auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen, fuhr das Verwaltungsgericht fort. In diesem Rahmen ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen.

Auch zu diesem Punkt konnte das Gericht den Akten nicht entnehmen, dass die Ordnungsbehörde sämtliche hier zu berücksichtigende Belange in ihre Güterabwägung eingestellt hatte. Sie hatte weder eine Würdigung der Lage der Örtlichkeiten bzw. der Beschaffenheit der aus Zelten bestehenden Lokalität, der Art des Gebiets (Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet?) noch der Häufigkeit der in der Eventlocation in der jüngsten Vergangenheit durchgeführten Veranstaltungen vorgenommen.

Somit kam das Verwaltungsgericht zu dem Schluss: Die notwendige Ermessensentscheidung in der Ausnahmegenehmigung vom 07.10.2021 wurde nicht fehlerfrei getroffen (Ermessensnichtgebrauch).

Ergebnis

Das Gericht gab dem Antrag der Anwohner auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs statt, weil die Ausnahmegenehmigung offensichtlich rechtswidrig erteilt wurde.

Unsere Empfehlung

Es ist nicht das erste Mal, dass Gerichte Verwaltungsentscheidungen aufheben oder im Eilverfahren als offensichtlich rechtswidrig erklären, weil die Sachlage, das Auslegen von Vorschriften und/oder die Ermessensabwägungen aktenmäßig nicht dokumentiert wurden.

Wir empfehlen daher dringend, vor dem Treffen von Entscheidungen alle maßgeblichen Aspekte aktenmäßig festzuhalten und diese erkennbar zu berücksichtigen.

Den Beschluss können Sie hier abrufen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)