Hessen gibt sich ein eigenes Versammlungsgesetz
Hessen hat das mittlerweile 70 Jahre alte Versammlungsgesetz des Bundes durch ein Versammlungsfreiheitsgesetz ersetzt. Das Land hat neue versammlungsrechtliche Tendenzen ausgemacht und will diesen durch das neue Gesetz begegnen.
Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern
Neben den Ländern Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein hat nun auch Hessen ein Landesversammlungsgesetz erlassen.
Mit der zum 1. September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform I ging die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder über. Das Versammlungsgesetz des Bundes (VersG) gilt nach Art. 125a Abs. 1 GG bis zu einer landesrechtlichen Ersetzung als Bundesrecht fort.
In den letzten Jahren, so argumentiert Hessen, zeigten sich aber tatsächliche und rechtliche Entwicklungen, denen das VersG, das 2008 zuletzt geändert wurde, nicht mehr in vollem Umfang Rechnung trägt.
Welche versammlungsrechtlichen Tendenzen sieht die Landesregierung …
Mit dem Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz (HVersFG) soll die friedliche Demonstrationskultur in Hessen weiter gestärkt werden. Das HVersFG ersetzt das VersG des Bundes vollständig.
Die Landesregierung in Wiesbaden sieht folgende Probleme in der Praxis der Versammlungen:
- Zunehmende rechtsextremistische Versammlungen, die in ihren äußeren Erscheinungsformen und Meinungen oft eine bedenkliche Nähe zum Gedankengut der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft aufzeigen. Sie wollen provozieren, einschüchtern oder das Unrechtsregime des Dritten Reiches oder seiner führenden Repräsentanten verharmlosen.
- Während die Teilnehmer an rechtsextremistischen Versammlungen aber äußerlich von anderen klar abgrenzbar sind, suchen Linksextremisten oft den Schutz friedlicher Versammlungsteilnehmer, ohne dass diese sich ausreichend distanzieren können oder wollen. Für die Polizei entsteht dadurch eine auf der Grundlage des VersG nur schwer lösbare Situation.
- Veranstalter und Teilnehmer missbrauchen häufig die Versammlungsfreiheit und schrecken selbst vor Gewalttaten gegen Ordnungskräfte oder Unbeteiligte nicht zurück.
… und wie sollen diese gelöst werden?
- Das HVersFG berücksichtigt im Rahmen des VersG des Bundes die neue Rechtsprechung des BVerfG.
- Der Brokdorf-Beschluss, die sog. Love-Parade-, die Wunsiedel- und die Fraport-Entscheidung werden gesetzlich umgesetzt.
- Außerdem, so die Begründung zu dem Gesetz, ist das HVerFG nicht nur als Gefahrenabwehrrecht, sondern auch als Recht zum Gewährleisten der Grundrechte zu verstehen.
- Das Gesetz erhebt den Anspruch auf weitgehende rechtsstaatliche Klarheit seiner Regelungen, mit denen Betroffenen und Behörden Orientierungen gegeben werden soll.
- Mit der Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung ist es das erklärte Ziel, das Versammlungsrecht zu modernisieren, indem für die oben aufgezeigten Entwicklungen adäquate Regelungen bereitgestellt werden.