Rechtsprechung in Kürze: wichtige Entscheidungen (März 2023)
Themen dieser Übersicht: Zuordnung von Hausnummern, Beisetzung einer Urne, Überwachungspflicht und Pausenräume im Bordell, Bissigkeit eines Hundes, beeinträchtigte Zufahrt, Mahnwache auf Privatgrundstück, Verwaltungsakt und Anordnung der sofortigen Vollziehung
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Gericht | Datum | Aktenzeichen |
VG Bremen | 10.02.2023 | 5 K 619/19 |
Zuordnung von HausnummernBei der Zuordnung von Hausnummern handele es sich um eine ordnungsrechtliche Aufgabe, die dem Interesse der Allgemeinheit an einer klar erkennbaren Gliederung des Gemeindegebiets diene und der eine Bedeutung für das Meldewesen, Polizei, Post, Feuerwehr und Rettungsdienst zukomme. Der Anschluss an die notwendigen Erschließungseinrichtungen müsse in der Regel bis unmittelbar an das Baugrundstück heranreichen, was insbesondere für die Anbindung an das Straßennetz gelte. Die Bezeichnung eines Baugrundstücks in der Baugenehmigung stellt keine eigenständige Entscheidung der Behörde über eine solche Zuordnung des Grundstücks dar. Hierbei steht der Gemeinde bei Annahme einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung ein weiter durch Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmter Ermessensspielraum zu. |
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VG Düsseldorf | 01.02.2023 | 23 L 118/23 |
Beisetzung einer UrneDie Anordnung, die Beisetzung der Totenasche des Verstorbenen zu veranlassen und der Ordnungsbehörde innerhalb einiger Tage mitzuteilen, wer mit der Beisetzung der Urne beauftragt worden ist, kann im Hinblick auf die gesetzliche Bestattungspflicht mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen werden. |
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VG Neustadt a.d. Weinstraße | 26.01.2023 | 4 K 602/22 |
Überwachungspflicht: Ordnungsamt darf Pausenräume im Bordell betretenMitarbeiter des Ordnungsamts dürfen zur Überwachung der gewerberechtlichen Vorschriften auch die Pausenräume in einem Bordell betreten. Auch Aufenthalts- und Ruheräume für Prostituierte und sonstige Beschäftigte sind Geschäftsräume, zu deren Betreten die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Überwachungspflichten berechtigt sind. Geschäftsräume sind nicht nur öffentlich bzw. für Kunden zugängliche Räume, sondern alle abgeschlossenen Räumlichkeiten, die jedenfalls überwiegend und für eine gewisse Dauer für gewerbliche, wissenschaftliche, künstlerische und ähnliche, nicht notwendig auf Erwerb gerichtete Geschäfte benutzt werden. |
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OVG Saarlouis | 19.01.2023 | 2 B 233/22 |
Bissigkeit eines HundesIn Fällen des Gefahrenverdachts, in denen aufgrund objektiver Umstände das Vorhandensein einer Gefahr möglich, jedoch nicht hinreichend sicher ist, können auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel (§ 8 Abs. 1 SPolG) Gefahrerforschungsmaßnahmen getroffen werden (Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten tierärztlichen Sachverständigen zu der Frage, ob es sich bei dem betreffenden Hund, der eine Postzustellerin in das Bein gebissen hatte, um einen gefährlichen Hund i.S.d. § 1 Abs. 1 HuVO SL handelt). Für die Feststellung der Bissigkeit eines Hundes ist nicht allein ausschlaggebend, ob durch die Attacke des Hundes eine Körperverletzung verursacht wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände Hinweise für ein Aggressionsverhalten des Hundes gegenüber Menschen festzustellen sind (im vorliegenden Fall bejaht). |
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VG Potsdam | 18.01.2023 | VG 3 L 868/22 |
Unzuverlässiger BestatterEin Bestatter ist unzuverlässig nach § 35 GewO, wenn offene Gebührenforderungen gegenüber der Stadt/Friedhofsverwaltung bestehen (im zu entscheidenden Fall in Höhe von rund 5.220 Euro). Der Umstand, dass es dem Bestatter im Verlauf des Verwaltungsverfahrens gelungen ist, erhebliche Rückstände – etwa die offenen Gebührenforderungen bei der Stadt in Höhe von zunächst rund 7.500 Euro im Februar 2022 auf 5.221,86 Euro im Oktober 2022 – zu verringern, steht der prognostischen Annahme seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nicht entgegen. |
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VG Koblenz | 16.01.2023 | 1 K 492/22.KO |
Beeinträchtigte ZufahrtGrundstückseigentümer, deren Zufahrt durch die erstmalige Herstellung einer Straße beeinträchtigt wird, hier durch ein Stufenniveau von 25 bis 30 cm, haben keinen Anspruch auf eine Entschädigung. |
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VG Aachen | 12.01.2023 | 6 L 26/23 |
Mahnwache auf PrivatgrundstückEine Mahnwache darf auf einem Privatgrundstück, welches nicht i.S.v. § 21 VersG NRW für den öffentlichen kommunikativen Verkehr geöffnet ist, nur mit Zustimmung des Eigentümers bzw. Besitzberechtigten stattfinden. Die Versammlungsbehörde ist zur Änderung des Versammlungsorts nach § 13 Abs. 1 Satz 1, 2 VersG NRW berechtigt. Als Beschränkungen kommen insbesondere Verfügungen zum Ort und zum Verlauf der Versammlung in Betracht. |
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OVG Lüneburg | 09.09.2022 | 11 ME 180/22 |
Verwaltungsakt und Anordnung der sofortigen VollziehungDie nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderliche Begründung für den Sofortvollzug kann, wenn der Verwaltungsakt und die Anordnung der sofortigen Vollziehung zunächst mündlich ergehen und der Verwaltungsakt in der Folgezeit gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG schriftlich bestätigt wird, nicht in dem bestätigenden Schreiben der Behörde gegeben werden. |