21.11.2023

Hat die Klage gegen eine Ersatzvornahme Auswirkungen auf die Verjährungsfrist?

Hemmt eine Klage gegen die Festsetzung der Ersatzvornahme die Festsetzungs-frist für die Erhebung von Kosten für die Ersatzvornahme (OVG Münster, Urteil vom 12.06.2023, Az. 20 A 2970/17)?

Auswirkungen auf die Verjährungsfrist

Festsetzung einer Ersatzvornahme

Eine Firma lieferte ein als „Bodenhilfsstoff“ und als „Bodenverbesserer“ bezeichnetes Material an Landwirte, die dieses auf ihren Feldern ausbrachten. Später stellte sich heraus, dass das gelieferte Material in erheblichem Umfang mit schädlichen Chemikalien in Form von perfluorierten Tensiden (PFT) belastet war. Mit Ordnungsverfügungen aus den Jahren 2005 und 2006 wurde der Firma aufgegeben, umgehend die Sanierung der Betriebsgrundstücke zu veranlassen und eine weitere Belastung der Gewässer, des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung zu unterbinden bzw. zu minimieren. Zugleich wurde die Ersatzvornahme angedroht.

Die Firma kam der Ordnungsverfügung nicht nach. Daraufhin wurde die Ersatzvornahme durchgeführt und die Firma mit mehreren Leistungsbescheiden entsprechend den Sanierungsfortschritten aufgefordert, deren Kosten in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro zu zahlen. Gegen die Festsetzung der Ersatzvornahme und der Kosten klagte die Firma. Sie steht auf dem Standpunkt, dass die Forderungen verjährt sind.

Pflicht zum Tragen der Kosten der Ersatzvornahme

Ihre Rechtsgrundlage findet die Verpflichtung des Betroffenen, die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen, in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Bundesländer (VwVG, hier § 55 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 63, § 64, § 77 Abs. 1 Satz 1 NRWVwVG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO NRWVwVG). Für Amtshandlungen werden auch Gebühren und Auslagen erhoben. Zu diesen Kosten zählen auch die Beträge, die bei der Ersatzvornahme an Beauftragte und an Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch die Ersatzvornahme entstanden sind (hier § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO NRWVwVG).

Kostenforderung unterliegt der Verjährung

Eine Kostenfestsetzung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (Festsetzungsverjährung; hier § 20 Abs. 1 Satz 1 NRWGebG). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Kostenanspruch entstanden ist (hier § 20 Abs. 1 Satz 2 NRWGebG). Der Anspruch auf Ersatz von Auslagen, die der Behörde im Rahmen der Ersatzvornahme entstanden sind, wird mit seiner Entstehung fällig (hier § 20 Abs. 4 Satz 1 VO NRWVwVG).

Verjährung kann gehemmt werden

Die Festsetzungsfrist ist in dem Fall, dass vor ihrem Ablauf ein Antrag auf Aufhebung oder Änderung der Festsetzung gestellt wird, solange gehemmt, bis über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist (hier § 20 Abs. 1 Satz 3 NRWGebG). Somit ist die Festsetzungsfrist während eines laufenden Klageverfahrens gegen die Kostenfestsetzung gehemmt. Durch die Hemmung wird der Lauf der Verjährungsfrist praktisch angehalten; nach dem Ende des Klageverfahrens läuft die Verjährungsfrist weiter bis zu ihrem Ende. Sie beginnt also nicht wieder von Anfang an zu laufen.

Ergebnis

Durch die Klagen wurde der Lauf der Verjährungsfristen gehemmt. Ein Teil der Forderungen war daher noch nicht verjährt. Insoweit wurde die Klage der Firma abgewiesen. Der nicht verjährte Teil der Kostenforderung besteht somit weiterhin.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)