Haftet der Vermieter von E-Scootern beim Sturz eines Fußgängers?
Ein blinder Fußgänger verletzte sich schwer beim Sturz über zwei E-Scooter. Er verlangte den Ersatz der Behandlungskosten und Schmerzensgeld (OLG Bremen, Urteil vom 15.11.2023, Az. 1 U 15/23).
Sturz über zwei E-Scooter
Ein blinder Fußgänger stürzte über zwei am Straßenrand abgestellte E-Scooter. Die E-Scooter wurden gewerblich im Free-floating-Modell, d.h. ohne festen Standort, vermietet. Das Ordnungsamt erteilte dem Vermieter eine Sondernutzungserlaubnis. In den Nebenbestimmungen heißt es zum Aufstellen der Fahrzeuge und zu den Reaktionszeiten u.a.:
- „3a) Bei der Auswahl der Standorte sowie bei Aufstellen der Fahrzeuge hat die Erlaubnisinhaberin die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Die Belange von Senioren, Kindern und Menschen mit Behinderung sind dabei besonders zu berücksichtigen.
- 3b) Werden die Fahrzeuge durch die Erlaubnisinhaberin aufgestellt oder umverteilt, muss am neuen Standort eine Restgehwegbreite von 1,50 m verbleiben; das Aufstellen von Fahrzeugen an öffentlichen Fahrradabstellanlagen bzw. Radständern ist untersagt.
- 3c) Das Aufstellen von Fahrzeugen im öffentlichen Raum ist bei Umverteilungsmaßnahmen durch die Erlaubnisinhaberin auf maximal vier Fahrzeuge pro Standort zu begrenzen. Standorte müssen einen Abstand von mindestens 50 m voneinander haben.
Durch den Sturz wurde der Fußgänger verletzt und musste operativ behandelt werden. Der Gehweg ist an der Unfallstelle 5,50 m breit. Die beiden Roller 1,15 m lang. Sie standen jeweils im 90°-Winkel zur Hauswand parallel nebeneinander, wobei die Lenker jeweils hin zum Gehweg zeigten.
Vermieter unterliegt der Verkehrssicherungspflicht
Unter Berücksichtigung der Maßstäbe für den Inhalt und den Umfang von Verkehrssicherungspflichten hat der Vermieter diese nicht verletzt, indem er die beiden E-Scooter am Unfallort parallel nebeneinander quer zum Gehweg aufgestellt hat. Die Art und Weise des Aufstellens entsprach hinsichtlich der darin konkret geregelten Abstände und Maße den Bestimmungen der Sondernutzungserlaubnis, stellte das Gericht zunächst fest.
Sondernutzungserlaubnis beachtet
Obwohl vier Fahrzeuge zugelassen waren, wurden nur zwei Fahrzeuge platziert. Der frei bleibende Gehweg war mit 4,35 m breiter als die Vorgabe von 1,50 m. Die Art des Abstellens der E-Scooter hat daher weder gegen die Sondernutzungserlaubnis noch gegen allgemeine zivilrechtliche Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten gegenüber besonders schutzbedürftigen Menschen verstoßen.
Ergebnis
Der Vermieter von E-Rollern genügt grundsätzlich seinen Verkehrssicherungspflichten bezüglich der Art und Weise ihres Aufstellens, wenn er die hierzu ergangenen Bestimmungen der behördlichen Sondernutzungserlaubnis beachtet, die ihm die Nutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus gestattet.
Eine über die Bestimmungen der behördlichen Sondernutzungserlaubnis hinausgehende Verpflichtung des Vermieters von E-Rollern, diese so aufzustellen, dass alle erdenklichen Schäden ausgeschlossen sind, besteht nicht, da dies im Ergebnis einer Gefährdungshaftung entsprechen würde, die nach § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen ist.
Die Klage auf Schmerzensgeld wurde abgewiesen.