05.12.2022

Bund entschlackt und ergänzt Gewerbeordnung (GewO)

Die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.01.2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung) zur Zusammenarbeit der zuständigen Behörden bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherungsvermittlern hat der Bund zum Anlass genommen, die GewO partiell zu entschlacken und einige Vorschriften zu präzisieren.

GewO Gewerbeordnung

Mit Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der GewO und anderer Gesetze (BGBl. I Nr. 43 vom 15.11.2022, S. 2009) hat der Bund die GewO geändert. Die wesentlichen Änderungen stellen wir vor.

§§ 7 bis 11 GewO sind entfallen bzw. mit neuen Inhalten gefüllt

  • § 7 enthält die Überschrift „Mitteilungspflicht bei Gewerben mit Zuverlässigkeitsprüfung“
    Bei Erlaubnisgewerben und überwachungsbedürftigen Gewerben erhalten die Gewerbeämter nicht immer Kenntnis von personellen Veränderungen. Zum Verbessern des Vollzugs der GewO und des Verbraucherschutzes wird die Pflicht zur Mitteilung nachträglicher Personenwechsel bei Gewerben mit Zuverlässigkeitsüberprüfungen, z.B. bei Bewachern, deutlich hervorgehoben.
  • Der neue § 11d GewO regelt die grenzüberschreitende Tätigkeit von Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern.
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Neue Anzeige- und Übermittlungspflichten

Erweitern der Mitteilungspflichten in § 14 GewO

Die Mitteilungspflicht der Finanzbehörden gegenüber den Gewerbeämtern sowie der Katalog der empfangsberechtigten Stellen von Gewerbeanzeigen wird erweitert. Die Finanzbehörden haben nach § 14 Abs. 4 Informationen zu übermitteln, die ggf. eine Abmeldung des Gewerbebetriebs von Amts wegen nach § 14 Abs. 1 Satz 3 zulassen. Hierdurch werden die Gewerbeämter in die Lage versetzt, ihre Gewerbekarteien zu aktualisieren und daraus gewerberechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Der neue § 14 Abs. 4 GewO stellt sicher, dass die den Finanzbehörden vorliegenden Daten den Gewerbebehörden zur Verfügung gestellt werden.

§ 14 Abs. 4 Satz 2 wird aufgehoben. Die Finanzbehörden können nunmehr nicht ihre Mitteilungspflicht mit dem Argument verweigern, dass diese mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Im Rahmen des Projekts „Einer-für-Alle“ sollen die Daten aus der steuerlichen Abmeldung von den Finanzbehörden automatisiert und medienbruchfrei an die Gewerbebehörden übermittelt werden.

Weitere Tatbestände zur Gewerbeanzeige

Zur wirksameren Überwachung der Gewerbeausübung begründet § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a GewO neue Tatbestände, die zur Gewerbeanzeige verpflichten. Der Gewerbetreibende hat nun auch die Änderung seines Namens anzuzeigen. Die Anzeigepflicht von Namensänderungen gilt für natürliche Personen und für juristische Personen (vgl. Feldnrn. 1 sowie 4 und 5 des Vordrucks nach dem Muster der Anlage 1 zur Gewerbeanzeigeverordnung – GewAnzVO).

Freigabe der Grunddaten wird erweitert

Die Grunddaten, zu denen ein allgemeiner Zugang besteht (§ 14 Abs. 5 Satz 2 GewO), werden über den Namen, die betriebliche Anschrift und die angezeigte Tätigkeit hinaus um den Namen des Geschäfts erweitert. Es besteht, so die Gesetzesbegründung, kein schutzwürdiges Interesse des Gewerbetreibenden an der Beschränkung der Weitergabe der Geschäftsbezeichnung. Die Bezeichnung des Betriebs gehört zu den Daten, die der Gewerbetreibende im Geschäftsverkehr ohnehin offenlegt bzw. die auch in dem für jedermann einsehtbaren Handelsregister eingetragen ist.

Erweiterung des Katalogs der empfangsberechtigten Stellen der Gewerbeanzeige

Künftig erhalten nicht nur die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden der Länder zur Durchführung lebensmittelrechtlicher Vorschriften die Daten aus der Gewerbeanzeige, sondern auch die nach Landesrecht zuständigen Behörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem Bedarfsgegenstände-, Futtermittel-, Tabak-, Tiergesundheits- und Tierschutzrecht (§ 14 Abs. 8 Satz 1 Nr. 10).

Das Erweitern des Katalogs der empfangsberechtigten Stellen dient, so die Regierung, dem Erfüllen der Überwachungsaufgaben. Diese setzten das Bekanntsein der in den jeweiligen Branchen tätigen Gewerbetreibenden voraus.

Ausländerbehörden erhalten nun auch die Daten aus der Gewerbeanzeige

Durch Ergänzung von § 14 Abs. 8 Satz 1 um eine neue Nr. 12 sind auch die Ausländerbehörden eine empfangsberechtigte Stelle. Bisher erfolgte die Übermittlung der Daten nach § 76 Nr. 1 Aufenthaltsverordnung. Nun erfolgt die Übermittlung der Daten regelmäßig und gemäß § 3 Abs. 4 GewAnzVO elektronisch über verwaltungsinterne Kommunikationsnetze oder verschlüsselt über das Internet.

Finanzämter erhalten die Daten aus der Gewerbeanzeige (§ 14 Abs. 8 Satz 1 Nr. 13)

Bisher erfolgte die Übermittlung der Daten auf der Grundlage von § 138 Abs. 1 Halbsatz 2 AO. Mit der Aufnahme der Finanzbehörden in den Katalog der empfangsberechtigten Stellen wird die bisher fehlende Rechtsgrundlage geschaffen, aufgrund derer die Daten aus den Gewerbeanzeigen regelmäßig und gemäß § 3 Abs. 4 GewAnzVO elektronisch an die Finanzbehörden zu übermitteln sind, damit diese ihre Aufgaben nach § 22 AO wahrnehmen können.

§ 71b Abs. 2 Satz 1

Entsprechend § 71b Abs. 2 Satz 1 sind Vorschriften des stehenden Gewerbes auch anzuwenden, wenn das entsprechende Gewerbe anlässlich von Messen, Ausstellungen oder Märkten ausgeübt wird. Der Kreis der genannten Vorschriften wird erweitert und betrifft Immobilienmakler, Darlehensvermittler, Bauträger, Baubetreuer, Wohnimmobilienverwalter, Versicherungsvermittler, Versicherungsberater, Finanzanlagenvermittler sowie Honorar-Finanzanlagenberater.

Unterlassen einer Mitteilung als Ordnungswidrigkeit

Der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht bei Gewerben mit Zuverlässigkeitsprüfung ist bußgeldbewehrt (§ 146 Abs. 2 Nr. 1a i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewO) und damit eine Ordnungswidrigkeit. Der Bußgeldrahmen für nicht oder nicht ordnungsgemäß erstattete Mitteilungen wird in Anlehnung an § 144 Abs. 2 Nr. 9 i.V.m. Abs. 4 vereinheitlicht (5.000 Euro).

Einziehung von Spielautomaten und Geldbeträgen

Im Anwendungsbereich der §§ 33c ff. GewO und der SpielV werden die Gewerbebehörden ermächtigt, nicht rechtskonform betriebene Spielautomaten einschließlich des in dem Automaten vorhandenen Geldes einzuziehen (neuer § 148c GewO), wenn eine Ordnungswidrigkeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe d oder Abs. 2 Nr. 1a oder 3 oder § 145 Abs. 1 Nr. 4 oder Abs. 2 Nr. 1 oder 7 Buchstabe b oder c begangen worden ist.

Bei strafbarer Veranstaltung oder Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel folgt die Einziehungsmöglichkeit aus den §§ 286, 74 f. StGB.

Im Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags der Länder ergibt sich die Einziehung aus § 28a Abs. 3 GlüStV 2021. Lediglich für Ordnungswidrigkeiten nach dem Bundesrecht war keine Einziehung möglich. Dies hat den Gesetzesvollzug bei einem Verstoß gegen § 6a SpielV („Fun-Games“) erschwert. Künftig können unzulässige Automaten endgültig eingezogen werden, damit sie anderenorts nicht wieder in Betrieb genommen werden.

Inkrafttreten

Die Änderungen der GewO treten am 01.01.2023 in Kraft (Art. 4 Gesetz zur Änderung der GewO und anderer Gesetze).

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)