16.01.2017

Getränkeauslieferung durch Arbeitnehmer am Sonntag verboten

Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und Feiertagen nicht mit der Auslieferung von Getränken beschäftigt werden (VG Münster, Beschluss vom 18.11.2016, Az. 1 L 1701/16).

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Die Antragstellerin betreibt einen Lieferservice für Getränke jeder Art. Bestellt werden können einzelne Flaschen ebenso wie eine große Anzahl an Getränkekisten. Die Bestellung erfolgt ausschließlich über die Internetseite der Antragstellerin. Sie unterhält kein Ladenlokal oder eine andere Verkaufsstelle, sondern lediglich ein Lager. Die Kunden werden sowohl an Werktagen als auch an Sonn- und Feiertagen beliefert. Mit Ordnungsverfügung untersagte die Behörde der Antragstellerin mit sofortiger Wirkung die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit der Auslieferung von Getränken an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen. Hiergegen erhob die Klägerin Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag abgelehnt.

Entscheidungsgründe

  • Nach Auffassung des VG ist die Untersagung der Sonn- und Feiertagsarbeit offensichtlich rechtmäßig.
  • Nach dem Arbeitszeitgesetz kann die Behörde als zuständige Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die die Antragstellerin als Arbeitgeberin zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten zu treffen hat. Eine dieser Pflichten ist es, zu beachten, dass Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen.
  • Dieses Verbot verwirklicht den gesetzlichen Zweck, den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen. Hinter dem Beschäftigungsverbot steht der verfassungsrechtliche Schutzauftrag an den Gesetzgeber, dass grundsätzlich die typische „werktätige Geschäftigkeit“ an Sonn- und Feiertagen zu ruhen hat.
  •  An den Sonn- und Feiertagen soll grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen, damit der Einzelne diese Tage allein oder in Gemeinschaft mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen und Beanspruchungen nutzen kann. Diese Möglichkeit seelischer Erhebung soll allen Menschen unbeschadet einer religiösen Bindung zuteilwerden.
  • Demgegenüber kann sich die Antragstellerin nicht auf die gesetzliche Ausnahmeregelung berufen, wonach in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden dürfen. Denn bei der Antragstellerin handelt es sich nicht um eine Gaststätte oder eine andere Einrichtung zur Bewirtung. Ihre Produkte unterscheiden sich vielmehr nicht von sonstigen Produkten des Einzelhandels wie z.B. des Lebensmittelhandels, nach denen auch am Wochenende aus welchen Gründen auch immer ein spontanes Bedürfnis entstehen kann. Die gesetzliche Ausnahmeregelung dient aber nicht dazu, dem Einzelhandel, zu dem auch der Getränkeeinzelhandel gehört, die Sonntagsarbeit zu erlauben, auch wenn seitens der Konsumenten eine entsprechende Nachfrage besteht.
  • Unabhängig hiervon kann sich die Antragstellerin auch deswegen nicht auf die Ausnahmeregelung berufen, weil die Arbeiten auch an Werktagen vorgenommen werden können. Es ist für die Kunden der Antragstellerin ohne Weiteres zumutbar, ihre Getränkeeinkäufe, so wie andere Einkäufe auch, werktags zu tätigen. Das bloße wirtschaftliche Umsatzinteresse der Antragstellerin und das alltägliche Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) ihrer Kunden genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen.

Hinweise

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.

Die Entscheidung ist auch relevant im Hinblick auf die Ladenöffnungsvorschriften der Bundesländer.

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)