09.06.2020

Getränke und Speisen zum Verzehr in Einkaufszentren?

Das OVG Lüneburg musste auf einen Eilantrag hin die Frage klären, ob die Regelung in der Niedersächsischen Corona-Verordnung Bestand hat, nach der in Einkaufszentren keine Speisen und Getränke zum Verzehr vor Ort angeboten werden dürfen (Beschl. vom 26.05.2020, Az. 13 MN 182/20).

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Klage eines Betreibers von Bäckereifilialen

Der Betreiber mehrerer Bäckereifilialen, in denen Bäckereiwaren zur Mitnahme, aber auch Kaffee und Kuchen zum Verzehr vor Ort angeboten werden, klagte gegen § 8 Abs. 2 Niedersächsische Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Eine seiner Filialen befindet sich in einem Einkaufscenter und ist mit zahlreiche Sitzgelegenheiten für Kunden ausgestattet. Das Einkaufscenter verfügt über eine Einkaufsfläche von insgesamt 11.000 m² mit 50 Geschäften.

§ 8 Abs. 2 der Verordnung untersagt in Einkaufszentren das Anbieten von Speisen und Getränken zum Verzehr vor Ort. Der Betreiber der Bäckereifilialen beantragte, diese Bestimmung außer Vollzug zu setzen.

Ministerium hält Verbot für gerechtfertigt

Die Anordnung der Untersagung des Verzehrs von Getränken und Speisen in Einkaufs­centern ist auch unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens eine notwendige Schutzmaßnahme, erklärte das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. In Einkaufscentern komme es typischerweise zur Ansammlung zahlreicher Menschen in einem räumlich umgrenzten Bereich. Die hiermit bereits verbundenen Infektionsgefahren würden durch die Zulassung des Verzehrs von Getränken und Speisen weiter erhöht. Dem kann nur durch die Untersagung des Verzehrs von Getränken und Speisen wirksam begegnet werden.

OVG: Schutzmaßnahmen müssen notwendig sein

Der nach dem IfSG weite Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dahin begrenzt, dass diese im konkreten Einzelfall „notwendig“ sein müssen, entschied das OVG. Das Infektionsgeschehen hat sich auch aufgrund der von den Infektionsschutzbehörden ergriffenen Maßnahmen in letzter Zeit verlangsamt, sodass die erlassenen Beschränkungen gelockert werden konnten. Die anfänglichen Verbote wurden durch Beschränkungen des Betriebs von Gaststätten ersetzt. Speisen und Getränke dürfen nun verabreicht werden, wenn Maßnahmen zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen sowie Hygienemaßnahmen getroffen werden, die geeignet sind, die Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 zu vermindern.

Verbot derzeit noch notwendig

Die Beschränkung in § 8 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung, wonach es in Einkaufszentren verboten ist, Getränke und Speisen zum Verzehr vor Ort anzubieten, stellt eine Schutzmaßnahme dar, die zum Erreichen der infektionsschutzrechtlichen Ziele derzeit noch objektiv notwendig ist. In Einkaufszentren können Infektionsrisiken kumulieren, die sich aus dem Betrieb einerseits von Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistungsbetrieben und andererseits von Restaurationsbetrieben ergeben. Dabei ist schon der Betrieb von Einkaufszentren wegen der dortigen Zusammenfassung solcher Betriebe, der damit verbundenen hohen Attraktivität („Magnetwirkung“) und dem sich hieraus ergebenden hohen Ansammlungspotenzial zahlreicher Personen ein relevanter infektionsschutzrechtlicher Faktor.

Ergebnis

Der Antrag des Betreibers der Bäckereifilialen wurde abgelehnt. Das Verbot des Angebots von Getränken und Speisen zum Verzehr vor Ort in Einkaufszentren bleibt in Vollzug.

Der Beschluss ist abrufbar unter https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/b9bbde8e-9b74-4940-b935-69220e067ee4 .

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)