Rechtsprechung in Kürze: wichtige Entscheidungen (März 2021)
Die Übersicht behandelt die Themen Corona, Bedienen eines Taschenrechners durch einen Fahrzeugführer und Pflasterstein als Gefahrenstelle.
Weitere Informationen zu den unten stehenden Themen finden Sie in der Ordnungsamtspraxis und in der Gewerbeamtspraxis.
Gericht | Datum | Aktenzeichen |
VG Gießen | 18.02.2021 | 4 L 479/21.GI |
Schließen eines GemischtwarenladensDas Schließen eines Gemischtwarenladens ist von der hessischen Corona-Verordnung gedeckt, weil das Warenangebot nicht privilegiert ist. Für eine Öffnung muss der Sortimentsschwerpunkt im Bereich der Grundversorgung liegen. Vergleiche hierzu auch OVG Schleswig, Beschluss vom 22.01.2021, Az. 3 MR 3/21 |
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VGH Mannheim | 18.02.2021 | 1 S 398/21 |
Voraussetzungen des IfSG für BetriebsschließungenDie Voraussetzungen des IfSG für Betriebsschließungen sind gegenwärtig voraussichtlich erfüllt. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. In einer solchen Konstellation sind bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Die Entscheidung des Landes in der Corona-Verordnung, den Betrieb von Einzelhandelsgeschäften grundsätzlich zu untersagen, ist auch Teil einer solchen bundesweiten Abstimmung. Es besteht gegenwärtig kein Anlass, bei der Schließung von Einzelhandelsgeschäften regional differenzierende Regelungen zu schaffen. |
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OVG Münster | 10.02.2021 | 13 B 1932/20 |
MaskenpflichtDie Bestimmung, dass unabhängig von der Einhaltung eines Mindestabstands im unmittelbaren Umfeld von Einzelhandelsgeschäften auf dem Grundstück, den Parkplatzflächen und auf den Wegen zum Geschäft eine Alltagsmaske zu tragen ist, wird außer Vollzug gesetzt. Die streitige Regelung genügt nicht den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen, weil der Begriff des „unmittelbaren Umfelds“ nicht hinreichend bestimmt ist. Die allgemeine Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske bleibt hingegen bestehen. |
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OVG Berlin-Brandenburg | 05.02.2021 | OVG 11 S 10/21 |
AlkoholkonsumEin landesweites Verbot des Konsums von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum ist unzulässig. Das IfSG ermächtigt lediglich dazu, Alkoholkonsum auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder in bestimmten öffentlich zugänglichen Einrichtungen zu verbieten. |
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VGH Kassel | 04.02.2021 | 8 B 215/21.N |
Mobile FriseurleistungenDas Verbot von mobilen Friseurleistungen erweist sich aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch ist bei der Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung geboten. |
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VG Schleswig | 04.02.2021 | 1 B 10/21 |
Ergreifen notwendiger Schutzmaßnahmen§ 28 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz IfSG verpflichtet die zuständigen Behörden zum Handeln (sog. gebundene Entscheidung) und Ergreifen notwendiger Schutzmaßnahmen. Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen, dem „Wie“ des Eingreifens, ist Ermessen eingeräumt. Es spricht einiges für eine Notwendigkeit der durch Allgemeinverfügung angeordneten Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für den überwiegenden Teil eines Tages in zentralen Lagen von Städten und Stadtteilen. |
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OVG Lüneburg | 03.02.2021 | 13 MN 37/21 |
Praktischer FahrunterrichtDas in § 14a Satz 1 Niedersächsische Corona-Verordnung geregelte Verbot des „Präsenzunterrichts im Bereich der außerschulischen Bildung“ erstreckt sich nicht auch auf den praktischen Fahrunterricht, wie er in den Fahrschulen angeboten wird. |
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OVG Münster | 02.02.2021 | 13 B 1671/20.NE |
SpielhallenDas Verbot des Betriebs von Spielhallen hält sich bei summarischer Prüfung an die gesetzlichen Vorgaben aus § 28a IfSG und verstößt voraussichtlich weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch den gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. |
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VG Hannover | 01.02.2021 | 15 B 343/21 |
Untervermietung eines FitnessstudiosDie Untervermietung eines Fitnessstudios an Einzelpersonen verstößt nicht gegen die Niedersächsische Corona-Verordnung. Das mit dem herkömmlichen Betrieb eines Fitnessstudios einhergehende Infektionsrisiko wird durch ein solches Betriebskonzept gerade verhindert. Vergleiche hierzu auch VG Göttingen, Beschluss vom 05.02.2021, Az. 4 B 22/21 |
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OVG Saarlouis | 22.01.2021 | 2 B 11/21 |
Differenzierung zwischen VerkaufsstellenDer Verordnungsgeber hat bei der Differenzierung zwischen Verkaufsstellen für solche Güter, deren Verfügbarkeit er für die tägliche Versorgung der Bevölkerung als unbedingt erforderlich ansieht, und solchen, hinsichtlich derer ein erschwerter Zugang vorübergehend im Interesse einer möglichst weitgehenden Verringerung der Ansteckungsgefahr hingenommen werden kann, eine wertende Entscheidung zu treffen. Seine Einschätzung, dass das Warensortiment mit E-Zigaretten und Zubehör für die Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs nicht von gleicher Bedeutung ist wie die in § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 16 VO-CP vom Verbot ausgenommenen Bereiche (insbesondere Lebensmittelhandel, Getränkemärkte und Wochenmärkte, deren Warenangebot den zulässigen Einzelhandelsbetrieben entspricht, Tankstellen, Reinigungen, Zeitungskioske usw.), erweist sich voraussichtlich am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG als gerechtfertigt. |
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OVG Lüneburg | 21.01.2021 | 13 MN 14/21 |
Niedersächsische Corona-VerordnungDerzeit ist offen, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 6 Niedersächsische Corona-Verordnung, soweit danach Gastronomiebetriebe sowie Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen sind, im Hauptsacheverfahren für unwirksam zu erklären ist. Dabei ist unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens weiterhin davon auszugehen, dass die Niedersächsische Corona-Verordnung und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen. |
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VGH München | 19.01.2021 | 20 NE 21.76 |
Konsum und/oder die Abgabe von AlkoholAuf § 28a Abs. 1 Nr. 9 IfSG gestützt, kann der Verordnungsgeber, sofern dies angesichts der örtlichen Gegebenheiten erforderlich ist, den Konsum und/oder die Abgabe von Alkohol auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder in bestimmten öffentlich zugänglichen Einrichtungen ohne zeitliche Beschränkung verbieten; nicht hingegen kann er ein zeitlich unbeschränktes Verbot des Konsums von Alkohol oder seiner Abgabe im gesamten Geltungsbereich einer auf § 32 Satz 1 IfSG gestützten Verordnung erlassen. |
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VGH München | 19.01.2021 | 20 NE 21.92 |
Kontaktbeschränkung verhältnismäßigDie Regelung zur Kontaktbeschränkung der BayIfSMV (Angehörige desselben Hausstands und eine weitere Person sowie zugehörige Kinder bis einschließlich drei Jahren) ist geeignet und auch erforderlich, um weitere Infektionsketten insbesondere im kontaktintensiven Privatbereich zu unterbinden und im Hinblick auf das angestrebte Ziel, Kontaktnachverfolgungen wieder möglich zu machen und damit langfristig eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden, auch angemessen und damit insgesamt verhältnismäßig. Vergleiche hierzu auch OVG Schleswig, Beschluss vom 22.01.2021, Az. 3 MR 4/21; OVG Saarlouis, Beschluss vom 29.01.2021, Az. 2 B 25/21 |
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BGH | 16.12.2020 | 4 StR 526/19 |
Bedienen eines TaschenrechnersDas Bedienen eines Taschenrechners durch einen Fahrzeugführer während der Fahrt erfüllt die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO und ist deshalb bußgeldbewehrt. |
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OLG Hamm | 16.10.2020 | 11 U 72/19 |
Pflastersteine als GefahrenstelleEin Pflasterstein kann eine Gefahrenstelle sein, wenn er mehr als 2 cm über die Pflasterung hervorsteht. Hat die Gemeinde den Gehweg in zeitlicher und örtlicher Hinsicht ausreichend kontrolliert, haftet sie nicht. |