23.08.2016

Geldspielautomaten: Darf in Pseudo-Gaststätten gespielt werden?

Ein Gastwirt wollte ganz trickreich aus drei Gaststätten faktisch eine Spielhalle bilden. Das Gewerbeamt gab sich aber als Spielverderber und untersagte den Spielbetrieb. Der Gastwirt rief das OVG Saarlouis an. Dieses musste sich mit der Frage befassen, was eine selbstständige Schank- oder Speisewirtschaft i.S.d. SpielV ist (Beschluss vom 27.06.2016, Az. 1 B 45/16).

Einarmige Banditen in einer Spielhalle

Ein Gewerbetreibender führte drei Gaststätten mit den Namen „Steh-Kneipe“, „Orient-Bistro“ sowie „Steh-Café“. In jeder Gaststätte hatte er drei Geldspielautomaten aufgestellt. Die Gaststätten befanden sich direkt nebeneinander. Zwischen den Gaststätten bestand ein ungehinderter Zugang. Gäste konnten problemlos von einer Gaststätte in eine andere wechseln. Obwohl die drei Gaststätten über eigene Außeneingänge verfügten, war bei der ersten Kontrolle nur einer geöffnet.

Der Betreiber argumentiert, die in den Räumen vorhandenen Türen müssen zum Flur offengehalten werden, da für alle drei Betriebsräume lediglich eine gemeinsame Toilettenanlage zur Verfügung steht.

Das Gewerbeamt untersagte dem Betreiber mit sofortiger Wirkung den Betrieb einer unerlaubten Spielhalle und forderte ihn auf, innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids den Betrieb der Spielhalle einzustellen, es zu unterlassen, darin Geldspielgeräte aufzustellen, sämtliche Geldspielgeräte aus der Spielhalle zu entfernen und binnen einer Frist von 10 Tagen ab Zustellung schriftlich die Erfüllung der vorgenannten Anordnungen mitzuteilen.

Der Gewerbetreibende stellte einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.

Entscheidungsgründe

  • Grundlage der Schließungsverfügung sind §§ 2 Abs. 3, 24, 25 GlüStV, 2 Abs. 1, 3 Abs. 2, 9 Abs. 1 und Abs. 2, 12 Abs. 6 SSpielhG sowie § 15 Abs. 2 GewO.
  • Eine Schank- bzw. Speisewirtschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV muss einen eigenständigen Betrieb darstellen, da sonst die § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV normierte Höchstgrenze, wonach in Schank- oder Speisewirtschaften bis zu drei Geldspielautomaten aufgestellt werden dürfen, unterlaufen werden könnte.
  • Ob eine selbstständige Gaststätte im Sinne der SpielV vorliegt, beurteilt sich nicht nach der gaststättenrechtlich oder baurechtlich genehmigten Nutzung der Räume, sondern nach den Anforderungen und dem Schutzzweck des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV.
  • Im Hinblick auf diesen Schutzzweck liegt eine selbstständige Schank- oder Speisewirtschaft im Sinn dieser Vorschrift nur vor, wenn eine hinreichende Abgrenzung untereinander gegeben ist, die eine klare Zuordnung zur Verantwortung des Gastwirts sicherstellt und zugleich eine genügende Abschirmwirkung gegenüber Kindern und Jugendlichen entfaltet. Im Hinblick auf den in § 33f Abs. 1 Satz 1 GewO genannten Ermächtigungszweck dient die Regelung des Weiteren der Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs und dem Schutz der Allgemeinheit sowie der Spieler.
  • Eine selbstständige Gastwirtschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV liegt nicht schon dann vor, wenn ein durch Wände, Decken und Fußboden allseits abgegrenzter Teilbereich eines Gebäudes vorhanden ist. Eine durch vorhandene Wände und/oder auf sonstige Weise im Wesentlichen bewirkte bloße Kennzeichnung der Gaststättenfläche mit ungehinderter Durchgangs- und Überblicksmöglichkeit im Übrigen reicht nicht aus, um die erforderliche räumliche Selbstständigkeit des Schank- und Speisebereichs vermitteln zu können.
  • Hiervon ausgehend ist fallbezogen festzustellen, dass die als „Steh-Kneipe“, „Orient-Bistro“ und „Steh-Café“ bezeichneten Räumlichkeiten nicht selbstständig i.S.d. SpielV sind. Die Betriebsräume sind dergestalt miteinander verbunden, dass die Gäste problemlos innerhalb der Räume hin und her wechseln können, ohne das Gebäude verlassen zu müssen.
  • Die Möglichkeit eines Wanderns zwischen den verschiedenen Geschäftsbereichen führt dazu, dass die Kunden faktisch eine größere Auswahl an Spielgeräten wahrnehmen, als eine einzelne Gaststätte maximal aufweisen darf, und zu deren Nutzung animiert werden. Dies widerspricht der Intention des § 1 Abs. 1 SpielV, der zwischen verschiedenen Nutzungsarten unterscheidet und in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 SpielV unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die zulässige Höchstzahl von Geldspielgeräten trifft.
  • Das Umherwandern zwischen den Betriebsteilen ermöglicht den Spielern den Zugriff auf mehr als die in § 3 Abs. 3 Satz 1 SpielV vorgesehene Höchstzahl an Geldspielgeräten und umgeht so den Schutzzweck dieser Regelung.

Ergebnis

Sowohl das vorinstanzliche VG als auch das OVG sahen die Verfügung des Gewerbeamts als offensichtlich rechtmäßig an und lehnten den Antrag des Betreibers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)