Gastronomiebetriebe: Sind „Kontrollbarometer“ rechtmäßig?
Dürfen Städte die Ergebnisse von „risikoorientierten Kontrollen“ in Form von Punktwerten an die jeweilige Verbraucherzentrale weitergeben? Das OVG Münster entschied diese Frage mit Urteil vom 13.12.2016, Az. 13 A 946-15.
Risikoorientierte Kontrollen der Gastronomiebetriebe
Die Städte Duisburg und Bielefeld führen zur Ermittlung der Kontrollhäufigkeit von Gastronomiebetrieben „risikoorientierte Kontrollen“ durch. Sie verwenden hierzu ein Beurteilungssystem, bei dem Punkte vergeben werden, z.B. für das Einhalten lebensmittelrechtlicher Bestimmungen, Schulungen von Mitarbeitern, Eigenkontrollen, die bauliche Beschaffenheit der Räumlichkeiten oder die Personalhygiene. Je größer die vergebene Punktzahl, desto höher ist die Risikoeinstufung des Betriebs, und desto häufiger werden behördliche Kontrollen vorgenommen.
Verbraucherzentrale will Ergebnisse aus Kontrollbarometer veröffentlichen
Die Verbraucherzentrale forderte von beiden Städten die kontinuierliche Herausgabe der Punktwerte aller örtlichen Gastronomiebetriebe. Sie wollte die Punktwerte drei Ergebnisstufen mit den Farben grün, gelb und rot zuordnen und die Bewertung online in den Ampelfarben publik machen. Gegen die Herausgabe der Punktwerte an die Verbraucherzentrale klagten Gastronomiebetreiber aus Duisburg und Bielefeld.
Gerichtsentscheidung
Keine rechtliche Grundlage für Weitergabe von Informationen
Die Weitergabe der von der Verbraucherzentrale nachgefragten Informationen – insbesondere Name und Anschrift des Gastronomiebetriebs sowie der im Rahmen der Risikobeurteilung ermittelte Punktwert – findet im Verbraucherinformationsgesetz keine rechtliche Grundlage.
Kein Zugang zu Information
Das Ergebnis der behördlichen Risikobeurteilung in Form eines Punktwerts ist keine Information, zu der nach dem Verbraucherinformationsgesetz Zugang zu gewähren ist.
Keine Auskunft über konkret festgestellte Abweichungen
Der bei den Kontrollen ermittelte Punktwert gibt keine Auskunft über konkret festgestellte Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vorschriften.
Keine Rückschlüsse auf konkrete Ergebnisse
Es handelt sich auch nicht um die Auswertung einer behördlichen Überwachungsmaßnahme, weil er keine Rückschlüsse auf konkrete Ergebnisse der Betriebskontrolle zulässt.
Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes?
Eine Weitergabe der Punktwerte als Ergebnis der Kontrollen entspricht aus diesem Grund auch nicht dem Zweck des Verbraucherinformationsgesetzes, Transparenz zu schaffen.
Ergebnis: Keine Weitergabe der Punkte an Verbraucherzentrale
Den (insgesamt neun) Klagen der Gastwirte wurde stattgegeben. Die Städte Duisburg und Bielefeld dürfen die Punktwerte nicht an die Verbraucherzentrale weitergeben.
Das Urteil ist abrufbar unter https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OVG%20Nordrhein-Westfalen&Datum=12.12.2016&Aktenzeichen=13%20A%20946/15