Türöffnung durch Freiwillige Feuerwehr: Wer trägt Kosten?
Wer trägt die Kosten, wenn die gemeindliche Feuerwehr auf Veranlassung der Polizei eine Haustür öffnet? Eine Gemeinde in Sachsen klagte gegen den Freistaat auf Ersatz dieser Kosten. Keine leichte Aufgabe für das OVG Bautzen (Urteil vom 06.11.2013, Az. 5 A 531/11), das eine lupenreine Einordnung der Rechtsstellung der Gemeindefeuerwehr abgab.
Weil der Verdacht bestand, dass in einer verschlossenen Wohnung eine lebensgefährlich verletzte Person lag, veranlasste der Polizeivollzugsdienst die gewaltsame Türöffnung durch die Feuerwehr einer Gemeinde.
Mit einem Leistungsbescheid verlangte die Gemeinde vom Freistaat Sachsen unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 4 Nr. 4 der Feuerwehrkostensatzung der Gemeinde den Ersatz der Kosten des Feuerwehreinsatzes in Höhe von 181,20 Euro. Weil die Gemeinde in allen Instanzen erfolglos blieb, musste das OVG Bautzen entscheiden.
Das Urteil
Das OVG entschied den durchaus richtungsweisenden Streit wie folgt:
- Nach §8 Abs.1 Satz1 VwVfG hat die ersuchende Behörde der ersuchten Behörde auf Anforderung Auslagen zu erstatten, wenn sie 35 Euro übersteigen.
- Diese Vorschrift setzt voraus, dass Amtshilfe i.S.d. §4 VwVfG geleistet wurde.
- Amtshilfe ist die von einer Behörde einer anderen Behörde auf Ersuchen geleistete ergänzende Hilfe. Amtshilfe liegt gem. §4 Abs.2 VwVfG nicht vor, wenn Behörden untereinander innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leisten (Nr.1) oder die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgaben obliegen (Nr.2).
- Feuerwehren sind gem. §15 Abs.1 SächsBRKG Einrichtungen der Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit (Satz1). Sie erfüllen einen Ausschnitt der den Gemeinden als Ortspolizeibehörden zugewiesenen Aufgabe der Gefahrenabwehr (§68 Abs.2 i.V.m. §3 SächsPolG). Sie treten in ihrem Handeln nicht im eigenen Namen nach außen hin auf. Die Gemeindefeuerwehren bilden somit unselbstständige Dienststellen der Gemeinden. Behörde ist nicht die Feuerwehr, sondern die Gemeindeverwaltung.
- Im Rahmen der Prüfung, ob Amtshilfe i.S.d. §4 VwVfG vorliegt, ist somit hinsichtlich der ersuchten Behörde nicht auf die Feuerwehr als Dienststelle, sondern auf die Gemeinde als Verwaltungseinheit abzustellen.
- Das SächsPolG weist die Gefahrenabwehr unter anderem den Gemeinden als Ortspolizeibehörden zu. Der Polizeivollzugsdienst nimmt die in §1 und §3 SächsPolG geregelten polizeilichen Aufgaben unter anderem dann wahr, wenn ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint.
- Wegen des Verdachts, dass sich in der zu öffnenden Wohnung eine verletzte Person befand, bestand eine Gefahr bzw. Störung im polizeirechtlichen Sinne. Somit war der Aufgabenbereich sowohl der Gemeinde als Ortspolizeibehörde als auch des Polizeivollzugsdienstes betroffen.
- Die vorliegende polizeibehördliche und polizeivollzugsrechtliche Doppelkompetenz steht daher zusammen mit der gesetzlichen Vorstellung primärer Gefahrenabwehr dem Vorliegen von Amtshilfe entgegen.
Ergebnis
Öffnet die gemeindliche Feuerwehr auf Anforderung des Polizeivollzugsdienstes eine Wohnungstür zur Feststellung, ob in der Wohnung eine verletzte Person liegt, kann die Gemeinde keinen Aufwendungsersatz vom Bundesland im Rahmen der Vorschriften über die Amtshilfe verlangen.
Das Urteil können Sie >>> hier abrufen.
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