16.04.2024

EuGH weist Klagen gegen Personalausweis mit gespeicherten Fingerabdrücken zurück

Die Verordnung (EU) 2019/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 zur Einführung des Personalausweises mit zwei Fingerabdrücken ist zwar inhaltlich gerechtfertigt, aber wegen eines formellen Fehlers nichtig. Sie bleibt aber bis Ende 2026 in Kraft. Bis dahin kann der EU-Ministerrat nachbessern (EuGH, Urteil vom 21.03.2024, Az. C‑61/22).

Antrag auf Ausstellen eines Personalausweises ohne Fingerabdrücke

Seit August 2021 sind zwei Fingerabdrücke im Personalausweis verpflichtend. Ein Bürger der Stadt Wiesbaden beantragte einen neuen Personalausweis ohne Fingerabdrücke. Gegen die Ablehnung rief er das VG Wiesbaden an. Dieses legte den Fall dem EuGH vor.

Einschränkung gerechtfertigt …

Der EuGH wies die Klage gegen diese Verpflichtung zurück: Durch die Fingerabdrücke werden zwar Grundrechte eingeschränkt, namentlich die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 Grundrechte-Charta) und auf Schutz der personenbezogenen Daten (Art. 8 Grundrechte-Charta). Diese Einschränkung hält der EuGH aber für gerechtfertigt.

… zum Bekämpfen von Kriminalität und Terrorismus

Als Argumente nannte das Gericht gleich mehrere Gründe: Die Verpflichtung ist geeignet, um die Herstellung gefälschter Personalausweise sowie den Identitätsdiebstahl zu bekämpfen und die wahre Identität eines Betroffenen leichter feststellen zu können. Zudem dient das Speichern der Fingerabdrücke dem Bekämpfen von Kriminalität und Terrorismus. Außerdem können die Unionsbürger durch die zuverlässige Identifizierung ihr Recht auf Freizügigkeit in der EU leichter ausüben.

Verordnung dennoch ungültig

Weil der Ministerrat die Verordnung auf Art. 21 Abs. 2 AEUV (Freizügigkeit) statt auf Art. 77 Abs. 3 AEUV (Grenzschutzpolitik) gestützt hat, wurde sie im falschen Gesetzgebungsverfahren erlassen. Erforderlich war ein Gesetzgebungsverfahren mit einem einstimmigen Ergebnis im EU-Ministerrat. Dieser Fehler führt zur Unwirksamkeit der Verordnung.

Dennoch zeigte der EuGH eine Lösung auf: Weil eine sofortige Ungültigkeit der Verordnung schwerwiegende negative Folgen für die Sicherheit von Unionsbürgern haben könnte, bleibt sie bis zum Inkrafttreten einer neuen Verordnung wirksam. Dafür setzte der EuGH dem EU-Gesetzgeber eine Frist bis Ende 2026.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)