Ersatzzwangshaft zum Durchsetzen der Straßenreinigungspflicht?
Eine Gemeinde wollte sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen und beantragte Ersatzzwangshaft, weil ein Pflichtiger seiner Pflicht zum Reinigen der Straße nicht nachkam. Wer gedacht hat, das VG Minden (Beschl. vom 24.07.2024, Az. 3 M 21/24) winkt den Antrag einfach so durch, hat sich verkalkuliert.
Standhaftes Verweigern der Straßenreinigung
Der Eigentümer eines Grundstücks weigerte sich standhaft, der Straßenreinigungspflicht, d.h. dem Reinigen des Gehwegs und der Gosse sowie das Entfernen von Unkraut, vor seinem Grundstück nachzukommen.
Mehrere angedrohte und festgesetzte Zwangsgelder stimmten den Grundstückseigentümer nicht um. Der Gemeinde riss der Geduldsfaden: Sie beantragte Ersatzzwangshaft vor dem Verwaltungsgericht und begründete dies damit, der Pflichtige habe wegen Zahlungsunfähigkeit die festgesetzten Zwangsgelder nicht zahlen können. Somit sei auch nicht zu erwarten, dass er die Kosten der Ersatzvornahme tragen kann.
Ersatzzwangshaft als letzte Option
Die Ersatzzwangshaft hat die Funktion eines Beugemittels, begann das VG seine Lehrstunde. Mit ihr soll auf den Willen des Vollstreckungsschuldners derart eingewirkt werden, dass er die zu vollstreckende Verpflichtung erfüllt. Wegen des hohen Rangs der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) stellt die Ersatzzwangshaft eine besonders schwerwiegende Belastung für den Vollstreckungsschuldner dar. Hieraus folgt die Notwendigkeit, sie nur dann anzuordnen, wenn andere, mildere und deshalb vorrangig in Erwägung zu ziehende Mittel zur Durchsetzung der Verpflichtung sich als ungeeignet oder unzweckmäßig erweisen.
Ersatzvornahme geeignet und zweckmäßig
Die Konkretisierung der Straßenreinigungspflicht hat die Vornahme einer vertretbaren Handlung zum Inhalt. Als Zwangsmittel steht hierfür die Ersatzvornahme (hier: § 59 Abs. 1 VwVG NRW) zur Verfügung. Sie ist geeignet und zweckmäßig, das Ziel der Behördentätigkeit zu erreichen.
Soweit die Gemeinde davon ausgeht, die Ersatzvornahme kommt wegen erfolgloser Versuche der Beitreibung von Zwangsgeldern nicht infrage, da der Störer bei Zahlungsunfähigkeit nicht von der Zahlungsforderung nach einer Ersatzvornahme gebeugt werden könne, ist seine Zahlungsunfähigkeit nicht bewiesen. Allein aus dem Ausbleiben der Zahlungen der Zwangsgelder kann nicht auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geschlossen werden.
Ergebnis
Zur Durchsetzung der Straßenreinigungspflicht (hier: Säuberung eines Gehwegs und einer Gosse von Unkraut) ist die Anordnung der Ersatzzwangshaft (hier: § 61 Abs. 1 VwVG NRW) ohne Hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls grundsätzlich unverhältnismäßig, da mit der Ersatzvornahme (hier: § 59 Abs. 1 VwVG NRW) regelmäßig ein milderes Mittel zur Verfügung steht. Der Antrag der Vollstreckungsbehörde wurde somit abgelehnt.