Ersatzzwangshaft wegen Missachtung eines Verbots zum Füttern von Tauben?
Ist es verhältnismäßig, eine alte Frau wegen wiederholten Fütterns von Tauben hinter Gitter zu schicken (VG Münster, Beschl. vom 13.09.2023, 1 M 10/23)?
Taubenfüttern trotz Verbot und Zwangsmaßnahmen
Nach einer „Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet“ war das Füttern von Tauben untersagt. Eine Tierfreundin hielt sich nicht an das Verbot und wurde mehrfach unter Androhung von Zwangsgeldern aufgefordert, das Füttern der Tiere zu unterlassen.
Die mit mehreren Bescheiden festgesetzten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 13.000 Euro konnten nicht beigetrieben werden. Die Bürgerin konnte nicht zahlen, pfändbare Gegenstände waren nicht vorhanden. Eine Kontopfändung verlief ebenfalls erfolglos. Geldbußen in Höhe von insgesamt 5.000 Euro ließen sich ebenfalls nicht beitreiben. Um sich letztlich durchzusetzen, beantragte die Ordnungsbehörde Ersatzzwangshaft.
Ersatzzwangshaft als verhältnismäßiges Mittel?
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 13.000 Euro uneinbringlich sind.
Vor diesem Hintergrund sah das Gericht auch nach Berücksichtigung des Umstands, dass die freiheitsentziehende Maßnahme einen besonders schwerwiegenden Eingriff darstellt, die Ersatzzwangshaft als verhältnismäßig an:
- Die Anordnung der Ersatzzwangshaft, so das VG, ist ein geeignetes Mittel der Ordnungsbehörde, um ihre Anordnungen gegenüber uneinsichtigen Bürgern durchzusetzen. Insbesondere ist die Geeignetheit der Ersatzzwangshaft nicht schon dann zu verneinen, wenn sich der betroffene Bürger – wie hier die Vollstreckungsschuldnerin – uneinsichtig zeigt.
- Die Anordnung der Ersatzzwangshaft ist auch erforderlich, weil die Vollstreckungsschuldnerin das Verbot der Fütterung von Stadttauben hartnäckig missachtet. Es ist daher nicht ersichtlich, dass ein anderes, für die Tierfreundin milderes Zwangsmittel zum Erfolg führen kann.
- Die Anordnung der Ersatzzwangshaft ist unter Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalls auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Denn das mit der Anordnung verknüpfte Ziel der Durchsetzung des Verbots der Fütterung von Stadttauben überwiegt das gegenüberstehende Interesse der Vollstreckungsschuldnerin, von der Haft verschont zu bleiben.
Ergebnis
Das Gericht gab dem Antrag statt und entschied nach Abwägung der Gesamtumstände, dass eine Haftdauer von sieben Tagen als Beugemittel ausreichend und erforderlich ist.