174 Verstöße gegen StVO: Eignung zum Führen von Kfz beeinträchtigt?
Das ist rekordverdächtig: Ein Autofahrer musste sich in einem Jahr 174 Ordnungswidrigkeitenverfahren stellen. Das VG Berlin (Urteil vom 28.10.2022, Az. 4 K 456/21) musste sich mit der Frage befassen, ob ihm deswegen die Fahrerlaubnis entzogen werden kann.
Entzug der Fahrerlaubnis wegen „Bagatellverstößen“ …
Ein Autofahrer ist seit 1995 Inhaber einer Fahrerlaubnis Klasse 3 (heute B). Innerhalb eines Jahres beging er 159 Parkverstöße und überschritt in 15 Fällen die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Er wurde in insgesamt 174 Fällen beschuldigt, Verkehrsvorschriften missachtet zu haben.
Nach Anhörung des Fahrers wurde ihm die Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung entzogen. Der Fahrer klagte gegen den Entzug der Fahrerlaubnis mit dem Argument, die Verkehrsverstöße mit drei auf ihn zugelassenen Fahrzeugen hätten andere Personen begangen. Eine Fahrtenbuchauflage sei als milderes Mittel angezeigt. Beruflich sei er auf die Fahrerlaubnis angewiesen.
… eine rechtmäßige Entscheidung?
Das VG machte dem Fahrer zunächst Hoffnung, indem es erklärte, dem Bagatellbereich zuzurechnende Verkehrsordnungswidrigkeiten haben bei der Prüfung der Fahreignung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
Dann legte das Gericht das Regel-Ausnahme-Verhältnis in dieser Sache dar: Anders sei dies aber, wenn ein Kraftfahrer offensichtlich nicht willens ist, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffenen Vorschriften zu beachten:
Hohe Anzahl unbedeutender Verstöße
Bereits die Anzahl der für sich genommen unbedeutenden Verstöße, die nahezu ausnahmslos im Wohnumfeld begangen worden seien, begründen Zweifel an der Eignung als Führer eines Kfz.
Ungeeigneter Verkehrsteilnehmer wegen Nichteingreifen
Es kommt auch nicht darauf an, ob möglicherweise andere Familienangehörige für die Verstöße verantwortlich sind. Denn derjenige, der durch zahlreiche ihm zugehende Bußgeldbescheide erfährt, dass Personen, die sein Fahrzeug benutzten, laufend gegen Verkehrsvorschriften verstoßen, und dagegen nichts unternehme, zeigt hierdurch charakterliche Mängel. Diese weisen ihn selbst als einen ungeeigneten Verkehrsteilnehmer aus.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 46 FeV
Bei der Entscheidung zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 46 FeV, kommt es letztlich nicht darauf an, ob der Betroffene die Fahrerlaubnis beruflich benötigt oder nicht. Ist er ungeeignet zum Führen eines Kfz, ist ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Ergebnis
Ein Kraftfahrer, der innerhalb eines Jahres 159 Parkverstöße begeht und 15-mal die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, sodass ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Das VG Berlin wies daher die Klage ab.