Gesundheitsgefahr durch Eichenprozessionsspinner: Zustandsverantwortlichkeit
Zur Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers eines Grundstücks, auf dem ein vom Eichenprozessionsspinner befallener Baum steht (VGH München, Beschluss vom 11.06.2019, Az. 10 CS 19.684).
Eichenprozessionsspinner sollen entfernt werden
Die Behörde verpflichtete den Antragsteller, für die fachkundige Entfernung der Gespinstnester des Eichenprozessionsspinners auf einer ihm gehörenden befallenen Eiche auf seinem Grundstück zu sorgen. Für den Fall der Nichterfüllung der Anordnung wurde die Ersatzvornahme angedroht.
Nach erfolglosem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht wurde auch seine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof abgelehnt. Nachfolgend die Gründe hierzu.
Rechtsgrundlage für die Anordnung
Rechtsgrundlage für die im Bescheid getroffene Anordnung ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG (in anderen Bundesländern die Befugnisklausel im jeweiligen Gefahrenabwehrgesetz).
Gesundheitsgefahr
Von den im Rahmen eines Ortstermins an der betroffenen Eiche festgestellten Nestern des Eichenprozessionsspinners geht eine Gesundheitsgefahr aus. Die Brennhaare der Raupen des Eichenprozessionsspinners, die lange haltbar sind, die sich über mehrere Jahre in der Umgebung anreichern können und deren Konzentration in alten Gespinstnestern oft sehr hoch ist, werden leicht in die Haut und Schleimhäute eindringen, sich dort festsetzen und dadurch allergische Reaktionen (Hautausschläge, Reizungen an Mund- und Nasenschleimhaut, schmerzhafter Husten und Asthma, Bronchitis) sowie Allgemeinerscheinungen wie Schwindel, Fieber und Müdigkeit auslösen. Daher besteht eine erhebliche Gesundheitsgefahr insbesondere für die Anwohner.
Verantwortlichkeit
Der Antragsteller ist als Zustandsstörer für diese Gefahr verantwortlich.
Erforderlich ist insoweit, dass eine gewisse Kausalität zwischen der Sache selbst und der Gefahrenquelle besteht. Diese Unmittelbarkeit ist gegeben, wenn bei wertender Betrachtung aller Umstände durch den Zustand der Sache selbst die Gefahrengrenze überschritten wird. Eine solche unmittelbare Verknüpfung zwischen der Sache und der Gefahr liegt hier zur Überzeugung des Gerichts vor. Denn bei wertender Betrachtung aller Umstände gehe die Gefahr unmittelbar von dem Zustand der Eiche auf dem Grundstück des Antragstellers in Gestalt eines Befalls dieses Baums mit dem Eichenprozessionsspinner aus.
Die getroffene Anordnung ist zur Gefahrenabwehr geeignet, erforderlich und angemessen, da sie Rechte des Antragstellers nicht unverhältnismäßig beschränkt.
Macht das Verhalten oder der Zustand eines Tiers oder der Zustand einer anderen Sache Maßnahmen nach der Befugnisklausel des Gefahrenabwehrgesetzes notwendig, so sind diese Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (Sachherrschaft) bzw. den Eigentümer oder den sonst dinglich Verfügungsberechtigten zu richten.
Die Zustandsverantwortlichkeit oder Zustandsstörerhaftung nach dieser Bestimmung knüpft an die sich aus der tatsächlichen und rechtlichen Herrschaft über die Sache ergebenden Pflicht an, dafür zu sorgen, dass von der Sache keine Gefahr ausgeht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Sache die ursächliche Quelle der Gefahr ist und die Gefahr unmittelbar mit dem Zustand der Sache in Verbindung steht. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Geeignete Maßnahme
Kommt wie im vorliegenden Fall zur Gefahrenabwehr eine Absperrung des betroffenen Geländes in der Umgebung der befallenen Eiche nicht in Betracht, ist – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht festgestellt hat – die Entfernung der Gespinstnester des Eichenprozessionsspinners von diesem Baum durch eine geeignete Fachfirma eine erforderliche und auch bezüglich der anfallenden Kosten zumutbare Bekämpfungsmaßnahme.
Hinweise
- Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
- Vorinstanz: VG Ansbach, Entscheidung vom 01.03.2019, Az. AN 15 S 18.01380.
Quelle: www.gesetze-bayern.de