Dürfen Behörden Erkenntnisse des Verfassungsschutzes verwerten?
Eine Gaststättenbehörde verwendete Daten des Verfassungsschutzes und verfügte auf deren Grundlage eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Das angerufene OVG Bautzen (Beschl. vom 04.12.2023, Az. 6 B 55/23) grätschte der Behörde gehörig in die Beine.
Gaststätte als Hotspot rechtsextremistischer Konzerte
Aufgrund einer im Jahr 2010 erteilten Erlaubnis für den Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft durften in einer Gaststätte höchstens 10 Tanzveranstaltungen pro Jahr an höchstens zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden. Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), die dem Verfassungsschutz des Bundeslandes (LfV) übermittelt wurden, kam es im Rahmen zahlreicher Konzertveranstaltungen mit rechtextremistisch eingestuften Musikgruppen zu strafbaren Handlungen, etwa „Sieg-Heil“-Rufe, das Zeigen des „Hitlergrußes“ oder vereinzelt volksverhetzende Äußerungen. Der Gastwirt, so das BfV, sei in seiner Eigenschaft als Ordner oder Veranstalter nicht eingeschritten, um die Straftaten zu unterbinden.
Die Berichte des BfV wurden der Gaststättenbehörde übermittelt. Diese untersagte dem Gastwirt das angezeigte Gewerbe „Gaststätte mit Tanzveranstaltungen“ und jedes weitere Gewerbe sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person. Ferner wurde dem Gastwirt unter Fristsetzung u.a. aufgegeben, das Gewerbe einzustellen und abzumelden.
GewO als Rechtsgrundlage
Wegen des Verweises des Landesgaststättengesetzes (hier § 13 Abs. 1 SächsGastG) auf die GewO bedurfte es keines Widerrufs der Gaststättenerlaubnis, so das OVG. Rechtsgrundlage der Gewerbeuntersagung ist daher § 35 GewO.
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO setzt das Untersagen der Ausübung des Gewerbes das Vorliegen von Tatsachen voraus, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden dartun.
Liegen Tatsachen vor?
Zur Überraschung der Gaststättenbehörde entschied das OVG, dass die in den Behördenzeugnissen dokumentierten strafbaren Handlungen nicht anderweitig belegt sind. Ob der Gastwirt unzuverlässig ist, lässt sich nicht feststellen, weil die Verwertung der Erkenntnisse des BfV durch die Behörde und das Gericht unzulässig ist. Die Erkenntnisse, so das OVG weiter, dürfen nur verwendet werden, wenn dies zur Verhinderung besonders schwerer Straftaten (vgl. § 19 Abs. 3 BVerfSchG) erforderlich wäre, was hier aber nicht der Fall ist.
Insoweit liegen auch keine Tatsachen vor, welche die Unzuverlässigkeit des Gastwirts i.S. von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO belegen.
Ergebnis
Die Untersagung des Gaststättengewerbes ist nach Ansicht des OVG bei summarischer Prüfung materiell rechtswidrig, da keine verwertbaren Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gastwirts in Bezug auf sein Gaststättengewerbe dartun.