Dauer der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes
Nach einem tödlichen Beißvorfall meinte der Hundehalter nach einigen Jahren, ein positiver Wesenstest würde den Vorfall ungeschehen machen. Das Verwaltungsgericht in der Vorinstanz und das Oberverwaltungsgericht Magdeburg (OVG Magdeburg, Beschluss vom 12.01.2023, Az. 3 L 60/22) waren aber anderer Meinung.
Beißvorfall mit einem Reh
Ein Hund im Alter von zwei Jahren hatte im Jahr 2016 ein Reh verfolgt, gestellt, gebissen und ihm tödliche Verletzungen beigefügt, ohne selbst angegriffen worden zu sein. Zeugenaussagen bestätigten den Vorfall. Der Hundehalter hatte hingegen nur eingeräumt, sein Hund sei an dem Reh hochgesprungen und sei mit ihm kollidiert.
Einmal gefährlich – immer gefährlich?
Hat sich ein Hund als bissig erwiesen, und sind die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen der HundeVO/des HundeG des Bundeslands (hier: § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HundeG LSA) erfüllt, kommt es nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht darauf an, ob der Hund sich weiterentwickelt und in der Folgezeit durch ein „ruhiges und sicheres Auftreten“ auffällt. Der Gesetzgeber, so das Gericht, hat sich bewusst dafür entschieden, dass ein im Einzelfall festgestellt gefährlicher Hund „ein Leben lang“ ein im Rechtssinne gefährlicher Hund bleibt. Dies gilt auch dann, wenn der Hund den Beißvorfall als „Junghund“ begangen hat.
Der Umstand, dass bei Junghunden, die sich im Einzelfall als gefährlich im Sinne der HundeVO/des HundeG (§ 3 Abs. 3 HundeG LSA) erwiesen haben, die Sozialverträglichkeit in einem ersten Wesenstest (häufig oder regelmäßig) noch nicht abschließend beurteilt werden kann, begründet keine andere Entscheidung.
Auswirkungen eines Wesenstests
Ein (ggf. nachträglich eingeholter) positiver Wesenstest vermittelt lediglich den Anspruch auf Erteilen einer Erlaubnis zum Halten des Hundes, wenn auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Gesetz sieht in diesen Fällen nicht vor, dass die Einstufung des Hundes als gefährlich mit Ablauf des Zeitraums, in dem die Gefährlichkeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann, entfällt. Hierfür gäbe es auch keinen Grund, denn ohne einen positiven Wesenstest könnte nicht der Nachweis erbracht werden, dass der Hund inzwischen, nachdem er zuvor ein i.S.d. § 3 Abs. 3 HundeG LSA gefährliches Verhalten gezeigt hatte, zu einem sozialverträglichen Verhalten in der Lage ist. Ein solcher Nachweis wird zur Gefahrenabwehr von allen Haltern gefährlicher Hunde verlangt, unabhängig davon, ob es sich um Junghunde handelt oder nicht.
Ergebnis
Hat sich ein Hund als bissig erwiesen, und sind die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen der HundeVO/des HundeG (hier: § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HundeG LSA) erfüllt, bleibt der Hund ein Leben lang ein im Rechtssinne gefährlicher Hund. Dabei ist es unerheblich, ob sich der Hund weiterentwickelt und in der Folgezeit sein Auftreten ändert.