21.02.2008

Verweigerte Erlaubnis: Behörde muss 200.000 € Schadensersatz zahlen

Ein Bauamt verweigerte einem Bauherrn rechtswidrig die beantragte Bauerlaubnis. Vor dem BGH verlangte der Bauherr von der Behörde Schadensersatz in Höhe von 200.000 Euro – und bekam sie auch tatsächlich zugesprochen! Wichtig für Sie: Dieses Urteil des BGH lässt sich sinngemäß auf jeden rechtswidrigen Verwaltungsakt übertragen und betrifft daher auch Ihr Ordnungsamt (BGH, Urteil vom 25.10.2007, Az. III ZR 62/ 07).

verweigerte Bauerlaubnis Schadensersatz

Gebäudekomplex erworben

Eine Bauherrengemeinschaft B. erwarb 1997 einen Gebäudekomplex im unbeplanten Innenbereich der Stadt S., bestehend aus Eckhaus, Seitenflügel und Remise. B. beabsichtigte, diese Gebäude zu sanieren, den Grundbesitz in Wohnungseigentum aufzuteilen und die Eigentumswohnungen anschließend zu veräußern. Sie verkaufte Frau H. einen Miteigentumsanteil an dem Grundeigentum und sicherte die Bezugsfertigkeit der Wohnungen bis zum 31.10.1998 und die vollständige Fertigstellung bis zum 31.12.1998 zu.

Baugenehmigung abgelehnt, dann erteilt

Der Antrag von B. auf Baugenehmigung zur Sanierung und Instandsetzung der Remise zu Wohnungszwecken wurde vom Bauamt der Stadt S. mit Bescheid vom 26.10.1998 abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Stadt S. durch Urteil vom 27.10.2001, B. die begehrte Baugenehmigung zur Sanierung und Instandsetzung zum Zweck der Wohnungsnutzung zu erteilen. Vor dem BGH verlangte B. nun Schadensersatz in Höhe von rund 200.000 Euro wegen der verweigerten Baugenehmigung.

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Online-Version

BGH, Urteil vom 25.10.2007, Az. III ZR 62/ 07

Anspruch auf Schadensersatz?

Der BGH hatte zu prüfen, ob B. einen Anspruch auf Schadensersatz aus einer Amtspflichtverletzung gemäß Art. 34 GG und § 839 BGB hat, weil B. wegen der ursprünglichen Ablehnung der Baugenehmigung den Bauträgerkaufvertrag mit der Erwerberin H. nicht mehr wie vorgesehen erfüllen konnte.

Der BGH stellte zunächst fest, das verwaltungsgerichtliche Urteil, welches die Ablehnung des Baugenehmigungsantrags von B. als rechtswidrig erkannte, sei rechtskräftig. Somit, so der BGH, steht auch für den vorliegenden Amtshaftungsanspruch fest, dass die ursprüngliche Ablehnung der Baugenehmigung rechtswidrig war. Die Verweigerung der Baugenehmigung sei auch schuldhaft (fahrlässig, grob fahrlässig bzw. vorsätzlich) erfolgt. Der Tatbestand des Amtshaftungsanspruchs sei damit erfüllt, entschied der BGH. Daher war nur noch darüber zu entscheiden, in welcher Höhe B. Schadensersatzansprüche zustehen.

Ausgleich aller Nachteile

Inhaltlich ist der Schadensersatzanspruch wegen pflichtwidriger Verweigerung oder Verzögerung einer beantragten Baugenehmigung grundsätzlich auf den Ausgleich aller Nachteile gerichtet, die bei pflichtgemäßem Handeln der Behörde vermieden worden wären. Der Geschädigte ist also so zu stellen, als wäre sein Gesuch rechtzeitig und zutreffend beschieden worden (Staudinger/Wurm, a.a.O., Rdnr. 578).

Wird die bauliche Nutzung oder die Veräußerung durch die Versagung einer Baugenehmigung rechtswidrig – und (hinsichtlich der Amtshaftung) schuldhaft – vereitelt, so ist ein dadurch verursachter Schaden im Rahmen der Amts- und Staatshaftung zu ersetzen. Dies bedeutet, dass das Scheitern des ursprünglichen Verkaufs der Remise und der notwendige Abschluss eines Deckungsgeschäfts grundsätzlich in den Risikobereich von S. fielen.

Die Stadt S. muss daher der Bauherrengemeinschaft B. den Schaden in Höhe von 200.000 Euro ersetzen.

Auswirkungen auf die Praxis

Dieser Fall kann sinngemäß auf alle Arten des Verwaltungshandelns (rechtswidrige Ordnungsverfügungen, rechtswidrig verweigerte Erlaubnisse jeglicher Art, z.B. Gewerbeerlaubnis, Sondernutzungserlaubnis, Ausnahmegenehmigungen nach der StVO) übertragen werden.

Prüfen Sie daher vor einer Ablehnung besonders sorgfältig, ob Sie rechtmäßig handeln. Die Auswirkungen können – wie hier – beträchtlich sein. Bedenken Sie auch, dass Ihr Arbeitgeber im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von Ihnen Regress fordern kann.

Hinweis

Das Urteil können Sie hier abrufen.

Autor*in: WEKA Redaktion