Darf einem Zirkus mit Wildtieren der Zugang zum Festplatz verwehrt werden?
Gut gemeint ist nicht gut gemacht, musste eine Stadt erfahren, die aus Gründen des Tierschutzes einem Zirkus das Gastspiel verweigerte (VGH München, Beschl. vom 25.05.2023, Az. 4 CE 23.854).
Ablehnung der Anmietung des Festplatzes
Ein Zirkus bewarb sich bei einer Stadt um ein Gastspiel und legte eine tierschutzrechtliche Erlaubnis vor, in der als zugelassene Tierarten unter anderem vier rote Riesenkängurus, sechs Großkamele und zwei Zebras aufgeführt waren. Die Stadt lehnte den Antrag ab und verwies auf einen Beschluss des Stadtrats, wonach Gastspiele von Zirkussen, die Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, aus Gründen des Tierschutzes nicht zugelassen werden. Eine entsprechende Widmungsbeschränkung enthält auch die für die privatrechtlichen Verträge über die Nutzung der Festplätze geltende Tarifordnung.
Der Zirkus rief das VG München unter Hinweis auf seine tierschutzrechtliche Erlaubnis nach § 11 TierSchG an, die ihn berechtigt, bundesweit diskriminierungsfrei öffentliche Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Das VG lehnte den Antrag ab. Gegen die Ablehnung legte der Zirkus Beschwerde ein.
Die Gemeinde kann zwar den Benutzerkreis bestimmen, …
Den Gemeinden steht aus der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG und Verfassung des jeweiligen Bundeslands) das Recht zu, Zweck und Benutzerkreis öffentlicher Einrichtungen im Rahmen ihres Ermessens festzulegen. Sie können durch Widmungsbeschränkungen den gewünschten Nutzerkreis bestimmen und ihre Einrichtungen von vornherein nur für ganz bestimmte, nach objektiven Kriterien abgrenzbare Arten von Veranstaltungen zur Verfügung stellen.
Hierbei dürfen auch überörtliche (Neben-)Ziele verfolgt und entsprechende Anforderungen an die Benutzer gestellt werden, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der kommunalen Aufgabe besteht und die entsprechenden Regelungen als deren konkretisierende Ausgestaltung verstanden werden können.
… aber nur mit einer Satzung
Der Befugnis zum Bestimmen des Benutzerkreises steht das Grundrecht auf Freiheit der Berufsausübung des Betroffenen gegenüber (Art. 12 Abs. 1 GG). Durch das Ablehnen eines Antrags wird er an der Ausübung seines Gewerbes gehindert. Dies greift in die Freiheit der Berufsausübung ein. Ein solcher Eingriff bedarf eines Gesetzes oder einer Ermächtigung in einem Gesetz.
Im Rahmen einer Satzung aufgrund der Gemeindeordnungen der Länder können in diesem Sinn gegenüber den Benutzern von Einrichtungen Handlungs- oder Duldungspflichten begründet werden.
Weil aber die Stadt den Ausschluss des Zirkus nicht auf eine Satzung, sondern nur auf den Beschluss des Stadtrats stützen konnte, erklärte der VGH diesen für rechtswidrig.
Daraus folgt:
Der Ausschluss von Zirkussen, die Wildtiere mit sich führen und/oder zur Schau stellen, verstößt gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), wenn er nur auf einem Beschluss des kommunalen Vertretungsorgans beruht.
Ergebnis
Die Gemeinden können Zirkusbetriebe, die Wildtiere mit sich führen oder zur Schau stellen, nicht auf der Grundlage eines Beschlusses des kommunalen Vertretungsorgans von der Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen ausschließen. Hierzu bedarf es einer Satzung.
Das Gericht verpflichtete daher die Stadt, dem Zirkus den städtischen Festplatz ohne Beschränkung der mitgeführten bzw. zur Schau zu stellenden Tiere wie beantragt zur Verfügung zu stellen.