Darf ein „umgangsschwieriger“ Obdachloser in einem Einmannzelt untergebracht werden?
Ein Obdachloser hatte keinen Bock darauf, zusammen mit Schlafsack und Thermomatte in einem Einmannzelt zu wohnen. Er klagte gegen die Behördenentscheidung (VG Münster, Beschl. vom 25.11.2015, Az. 1 L 1429/15)
Ein obdachloser Flüchtling aus Eritrea wurde mehrfach straffällig und bedrohte einen Mitbewohner einer Notunterkunft mit einem Messer. Die Gemeinde widerrief deshalb mit sofortiger Wirkung seine Einweisung in die Notunterkunft, erteilte ihm ein befristetes Hausverbot und übergab ihm für die Zeit bis zum 05.12.2015 ein Einmannzelt, einen Schlafsack und eine Thermomatte. Gegen diese Behandlung klagte der Obdachlose.
Die Gerichtsentscheidung
- Der Gemeinde steht bei der vorübergehenden Unterbringung von Obdachlosen ein weiter Ermessensspielraum zu.
- Die Unterkunft muss vorübergehend Schutz vor den Unbilden des Wetters bieten und Raum für die notwendigen Lebensbedürfnisse lassen.
- Die Ausstattung des Obdachlosen mit einem Schlafsack, einer Thermomatte und einem Einmannzelt genügt diesen Anforderungen an eine menschenwürdige Unterkunft nicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Witterungsverhältnisse in der kalten Jahreszeit und des Rechts des Obdachlosen auf körperliche Unversehrtheit.
- Die Gemeinde kann sich nicht darauf berufen, der Obdachlose sei nicht unterbringungsfähig. Hierbei darf kein zu niedriger Maßstab angelegt werden, da die Behörden bei der Unterbringung Obdachloser oft mit schwierigen Persönlichkeiten umgehen müssen.
- Es hätte geprüft werden müssen, ob ein individualisierter Ansatz mit separater Unterbringung als schonender Ausgleich zwischen den Interessen der in der Notunterkunft lebenden Personen und dem Anspruch des Obdachlosen auf eine menschenwürdige Unterkunft möglich ist.
- Der befristete Widerruf der Einweisungsverfügung in eine Notunterkunft und die Erteilung des Hausverbots sind daher ermessensfehlerhaft und rechtswidrig.