Darf die Einweihungsfeier für ein Sportheim Lärm verursachen?
Ein Nachbar wollte im Eilverfahren die feierliche Einweihung eines Sportheims verhindern, das Vereinsmitglieder und Gemeindebewohner in Eigenleistung erstellt hatten. Er rief das VG Ansbach (Beschl. vom 19.05.2017, Az. AN 4 E 17.916) an.
Nach langer Bauzeit sollte endlich ein in Eigenleistung neuerrichtetes Sportheim feierlich eingeweiht werden. Ein Gastwirt erhielt die gaststättenrechtliche Gestattung, anlässlich dieser Feier von 12.00 Uhr bis 3.00 Uhr und am nächsten Tag von 9.00 Uhr bis 3.00 Uhr auf dem Sportgelände, zu dem das Heim gehört, Speisen und Getränke in einem Festzelt zu verabreichen.
In der Gestattung wird für die Einweihungsfeier unter anderem geregelt
- Die von Unterhaltungsmusik ausgehenden Geräusche dürfen einen Spitzenschallpegel von 55 dB(A) bis 22.00 Uhr und 40 dB(A) ab 22.00 Uhr nicht überschreiten.
- Die Feier einschließlich Musikdarbietung muss spätestens um 3.00 Uhr beendet sein. Der Ausschank von Getränken endet um 2.30 Uhr.
- Lärmbelästigungen durch Aufräumarbeiten nach Veranstaltungsende sind, soweit möglich, zu vermeiden.
Ein Nachbar wohnt direkt neben diesem Gelände in etwa 30 m Entfernung zu dem für die Feier geplanten Festzelt. Bauplanungsrechtlich ist für das Sportgelände ein „Sportplatz“ festgesetzt. Das Anwesen des klagenden Nachbarn liegt in keinem Bebauungsplan.
Entscheidungsgründe
- Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – hierzu gehören alle Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG des Bundes erfasste Betätigung zugelassen wird – so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sowie § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG des Bundes wiederholen und bekräftigen dieses Gebot.
- Welche Lärmimmissionen von Anwohnern hinzunehmen sind, lässt sich nicht anhand eines generell-abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen des Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind.
- Bei Veranstaltungen nach § 12 GastG des Bundes ist ferner zu berücksichtigen, dass das Gesetz die Erteilung einer Gestattung „aus besonderem Anlass“ „unter erleichterten Voraussetzungen“ ermöglicht. Der von einer gestatteten Feier ausgehende Lärm kann damit wegen der Seltenheit und ggf. Sozialverträglichkeit in größerem Maß zumutbar sein als sonstiger Gaststättenlärm.
- Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets.
- Da die (emittierende) Musiklautstärke bereits im Bereich der zu erwartenden zulässigen Grenzwerte liegt, ist eine Lärmüberschreitung zusammen mit dem Kommunikationslärm hinsichtlich der in Betracht kommenden einschlägigen Regelwerke zur Bestimmung der Lärmbelastung auch ohne Prognoserechnung anzunehmen.
- Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder -richtwerte nicht verlangt werden kann.
- Eine Einweihungsfeier ist – jedenfalls wenn nicht nur ein Pächterwechsel stattgefunden hat – regelmäßig ein einmaliges Ereignis. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass das Sportheim zum großen Teil durch Vereinsmitglieder und Gemeindebürger in Eigenleistung errichtet wurde. Gerade in kleineren Ortsteilen hat ein Vereinsheim besondere Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft. Die herausragende Bedeutung der Einweihungsfeier für die örtliche Gemeinschaft kann daher angenommen werden.
- Die zu erwartenden Lärmimmissionen sind hinnehmbar. Ab 22.00 Uhr – nach allen technischen Regelwerken Nachtzeit – findet die Feier nur noch im Festzelt statt. Es sind zwar auch in der Nachtzeit Belästigungen zu erwarten, etwa durch ankommende oder gehende Gäste oder nach außen dringenden Lärm. Diese erscheinen aber angesichts der Bedeutung der Einweihunhsveranstaltung und der Überschaubarkeit des Ereignisses als hinnehmbar.
- Das Vollzugsinteresse der Gemeinde an dem gaststättenrechtlichen Erlaubnisbescheid für die Einweihungsfeier überwiegt das Suspensivinteresse des angrenzenden Nachbarn.
Ergebnis
Die gaststättenrechtliche Gestattung ist nach summarischer Überprüfung rechtmäßig, und der Nachbar wird sich daher voraussichtlich nicht auf eine Verletzung nachbarschützender Rechte berufen können. Bei der Einweihungsfeier handelt es sich um ein sehr seltenes Ereignis wegen seiner überragenden Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft.