09.07.2024

Darf der Konsum von Cannabis auf öffentlichen Veranstaltungen verboten werden?

Das VG Kassel (Beschl. vom 22.05.2024, Az. 7 L 725/24.KS) musste sich mit dem Antrag eines Kiffers auseinandersetzen, der anlässlich einer Großveranstaltung dort Cannabis konsumieren wollte.

Cannabis-Verbot per Allgemeinverfügung

Der Bürgermeister als örtliche Ordnungsbehörde untersagte mit einer Allgemeinverfügung das Konsumieren von Cannabis auf dem Veranstaltungsgelände eines überregionalen Festes, das von allen Bevölkerungsschichten besucht wird. Das Verbot war mit der Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 150 Euro versehen und die sofortige Vollziehung angeordnet.

Gegen das Verbot erhob ein Betroffener, der Cannabis öffentlich konsumieren wollte, Widerspruch und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.

Kiffen als Gefahr für die öffentliche Sicherheit?

Das VG Kassel betrat nun in materieller Hinsicht absolutes Neuland. Das KCanG enthält zwar mehrere Verbote, jedoch keine Ermächtigungsnorm für die Behörden. Daher entschied sich das Gericht für folgende Prüfungsschritte:

  • Wurde die Befugnisklausel der Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetze der Bundesländer (hier: § 11 HSOG) als Rechtsgrundlage der Allgemeinverfügung richtig angewandt? Dies ist der Fall, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung vorliegt.

Während der Veranstaltung droht ein Verstoß gegen das Konsumverbot von § 5 Abs. 1 KCanG. Die öffentliche Sicherheit ist daher gefährdet.

Nach § 5 Abs. 1 KCanG ist der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen verboten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der Verstoß ist nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 KCanG bußgeldbewehrt.

Das KCanG verschärft sogar die bisherige Rechtslage, folgerte das VG. Der Umgang mit Cannabis ist nach § 2 KCanG umfassend verboten, lediglich der Konsum und Besitz wird unter bestimmten Umständen nicht unter Strafe gestellt. Bürger, die kein Cannabis konsumieren, sollen vor den direkten und indirekten Folgen des Cannabiskonsums geschützt werden.

  • Das Gericht subsumierte:

Der beabsichtigte Konsum von Cannabis auf dem Veranstaltungsgelände in dem von der Allgemeinverfügung verbotenen Zeitraum begründet die Gefahr eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 KCanG.

Es liegt daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Form eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung vor und der Bürgermeister konnte die Allgemeinverfügung auf die Befugnisklausel stützen.

Ist der Kiffer ein Störer?

Der Betroffene, dessen geäußerte Absicht darin besteht, während des Besuchs der Veranstaltung zu kiffen, ist damit auch Störer i.S. der Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetze der Bundesländer (hier: § 6 Abs. 1 HSOG).

Ermessen richtig ausgeübt und Verhältnismäßigkeit

  • Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (hier: § 5 HSOG). Es liegt weder ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.
  • Die Allgemeinverfügung greift in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ein. Der Eingriff ist aber gerechtfertigt, da er verhältnismäßig ist (hier: § 4 HSOG):

Er ist geeignet, das Ziel des Gesundheits- sowie des Kinder- und Jugendschutzes zu erreichen.

Weil kein milderes Mittel ersichtlich ist, das die Gefahr genauso gut beseitigen könnte, ist er auch erforderlich. Insbesondere stellt das Einrichten sog. Kifferzonen kein gleich geeignetes und milderes Mittel dar.

Das Verbot ist auch angemessen, denn es steht nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck.

Ergebnis

Eine Allgemeinverfügung, die das öffentliche Konsumieren von Cannabis auf einer (auch) von Familien besuchten Großveranstaltung verbietet, ist rechtmäßig. Der Antrag des Kiffers wurde daher abgelehnt.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)