Darf das Beseitigen eines Schottergartens verlangt werden?
Das VG Minden (Urteil vom 27.07.2023, Az. 1 K 6952/21) hatte zu entscheiden, ob ein Vorgarten mit 9 Pflanzringen inmitten von Steinschüttungen als Schottergarten anzusehen ist und dessen Entfernung verlangt werden kann.
Steinschüttung mit 9 Pflanzinseln
Die Eigentümerin eines 1.258 m² großen Grundstücks hat dieses mit einem Mehrfamilienhaus und einer Garage bebaut. Das Mehrfamilienhaus ist auf allen Seiten von einem Vorgarten umgeben. Bei dessen Anlage wurde ein wasserdurchlässiges Fließ ausgelegt und darauf eine Steinschüttung aufgebracht. An neun Stellen wurden fünf Japanische Kuchenbäume, zwei Japanische Blumen-Hartriegel sowie zwei Chinaschilf gepflanzt.
Nach Anhörung wurde die Eigentümerin aufgefordert, „den auf ihrem Grundstück aufgebrachten Schotter mit Unterlage abzutragen und die Fläche spätestens in der 1. Pflanzperiode nach Bestandskraft der Verfügung vollständig zu begrünen oder zu bepflanzen“.
Gegen die Anordnung klagte die Eigentümerin.
Auf welcher Rechtsgrundlage beruht die Anordnung?
Die Verfügung, den Schotter nebst Unterlage zu beseitigen und die Fläche zu begrünen oder zu bepflanzen, beruht auf der Landesbauordnung (hier: §§ 82 Abs. 2, 58 Abs. 2 Satz 2 NRWBauO). Nach pflichtgemäßem Ermessen sind die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (hier: § 82 Abs. 1 Satz 1 NRWBauO).
Ist sie rechtmäßig ergangen?
Das VG verglich den Vorgarten mit den Vorgaben der Landesbauordnung (hier: § 8 Abs. 1 Satz 1 NRWBauO): Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen, soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen.
Daraus folgerte das Gericht: An dem Charakter einer durch Bewuchs geprägten nichtbaulichen Nutzung fehlt es, wenn sich eine substanzielle Fläche, etwa der überwiegende Teil eines Vorgartens, als sogenannter Schottergarten darstellt, der fast ausschließlich aus Steinschüttungen, gleicher oder verschiedener Körnung, besteht, hinter deren Massivität der – so überhaupt vorhandene – Bewuchs zurücktritt, und kam dann zu dem Schluss: Die vorhandenen neun Pflanzringe treten vor der Schotterung völlig zurück, sodass nicht mehr von einer Begrünung oder Bepflanzung gesprochen werden kann.
Aus dem Urteil lassen sich folgende Grundsätze ableiten:
- Begrünt i.S.d. Landesbaurechts (hier: § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NRWBauO) ist eine nicht überbaute Grundstücksfläche, wenn ihr Charakter sich als eine durch Bewuchs geprägte nichtbauliche Nutzung darstellt. Dabei muss der Bewuchs so dicht sein, dass der Eindruck einer durchgehenden Bepflanzung entsteht.
- Die Begrünung muss auf den nicht überbaubaren Flächen unmittelbar wachsen, eine flächenhafte Ausdehnung von Baumkronen und sonstigem Blattgrün im Luftraum, etwa von Wein auf erhöhten Rankhilfen, ist nicht ausreichend.
- Das Auslegen von Kunstrasen stellt keine Begrünung dar.
- Der Charakter einer durch Bewuchs geprägten nichtbaulichen Nutzung fehlt jedenfalls dann, wenn sich eine substanzielle Fläche, etwa der überwiegende Teil eines Vorgartens, als sogenannter Schottergarten darstellt, der fast ausschließlich aus Steinschüttungen besteht, hinter deren Massivität der – so überhaupt vorhandene – Bewuchs zurücktritt.
Ergebnis
Die Klage der Eigentümerin wurde abgewiesen.