10.10.2018

Darf auf türkischen Hochzeiten geschossen werden?

Autokorsos, Hupkonzerte, blockierte Kreuzungen – anlässlich von Hochzeitsfeiern drücken die Ordnungsbehörden schon mal alle Augen zu. Gilt das auch für türkische Hochzeiten, bei denen mit Waffen geschossen wird?

türkische Hochzeit Waffen

Die Integrationsbeauftragten raufen sich die Haare. Ihre jahrelangen Bemühungen zum Eingliedern von Ausländern mit türkischen Wurzeln werden durch einen Brauch zunichte gemacht, der nun zunehmend auch in Deutschland praktiziert wird: Auf dem Weg von den Eltern der Braut bis zu dem Raum, in dem die Feier stattfindet, wird mit Schusswaffen gefeuert. Zum Einsatz kommen entweder Pistolen mit scharfer Munition oder Schreckschusswaffen.

Den Grund der Schießerei sehen Experten in einem stärkeren Wir-Gefühl nach den Wahlsiegen von Präsident Erdogan. An türkischen Hochzeiten nehmen nicht selten 2.000 bis 3.000 Gäste teil. Die Türken wollten traditionelle Werte aufleben lassen und vorzeigen. Man will sagen, seht her, wir kommen aus der Türkei, und so feiern wir.

Wir gehen der Frage nach, ob das Abfeuern von Schreckschusspistolen oder scharfen Waffen erlaubt ist, und wenn nicht, welche rechtlichen Folgen sich daraus ergeben sowie welche Maßnahmen Erfolg versprechen, um das Herumballern zu vermeiden.

Rechtsgrundlagen

  • Das Führen von Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit bedarf der behördlichen Erlaubnis in Form des „Kleinen Waffenscheins“.
  • Wer eine Waffe führt, ohne im Besitz eines „Kleinen Waffenscheins“ zu sein, begeht eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist (§ 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG).
  • Das Schießen in der Öffentlichkeit bedarf einer Genehmigung durch die zuständige Behörde. Ausnahmen bestimmt § 12 Abs. 4 WaffenG, z.B. bei Theateraufführungen, zum Vertreiben von Vögeln sowie mit Signalwaffen bei Rettungsübungen.
  • Das Schießen ohne Erlaubnis ist eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 WaffG und kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden.
  • Der Besitz einer Pistole oder eines Gewehr setzt ebenfalls einen Waffenschein voraus (§ 2 Abs. 2 WaffG).
  • Das Erwerben, Besitzen, Führen usw. von Schusswaffen ohne Erlaubnis ist in der Regel mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren bedroht, in minderschweren Fällen wird eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren verhängt. Bei fahrlässigen Handlungen wird eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren ausgesprochen.

Das heißt: Anders als bei einem Autokorso oder Hupkonzerten kann das Abgeben von Schüssen aus einer scharfen Waffe oder Schreckschusspistole anlässlich einer Hochzeit auf keinen Fall toleriert werden.

Wie geht man mit einer „schießenden“ Hochzeitsgesellschaft um?

  • Beginnt eine Hochzeitsgesellschaft, um sich zu schießen, sind die Ordnungsämter überfordert. In diesem Fall kann nur die Polizei eingreifen.
  • Das ist aber leichter gesagt als getan. Denn die Polizei kann zu Beginn ihres Einsatzes nicht wissen, ob es sich um eine Clan-Fehde oder um eine Hochzeit handelt. Ihr ist auch nicht bekannt, ob mit Schreckschusswaffen oder mit echten Waffen geschossen wird, denn Schreckschusswaffen können leicht mit echten verwechselt werden.
  • Das bedeutet: Die Polizei wird sich der Versammlung nur sehr vorsichtig nähern und sich auf alle möglichen Einsatzlagen, auch den Einsatz des SEK, vorbereiten.
  • Grundsätzlich werden die benutzen Waffen eingezogen und die für den Vollzug des Waffengesetzes zuständige Behörde informiert, damit sie die waffenrechtlichen Voraussetzungen prüfen sowie Strafanzeigen stellen bzw. Bußgeldverfahren einleiten kann.

Wie lassen sich solche Probleme vermeiden?

  • Polizei und Ordnungsamt sollten das Gespräch mit dem Ausländerbeirat suchen und diesen auf die Problematik sowohl für die Integrationsbemühungen als auch für die Ordnungsbehörden hinweisen. Der Ausländerbeirat kann die türkischen Mitbürger mit Schreiben an die Vereine und Verbände darüber informieren, dass Schüsse bei Hochzeitsfeiern untersagt sind und aufwendige Polizeieinsätze provozieren.
  • Im Standesamt können Flyer ausgelegt werden, damit sie dem Brautpaar beim Bestellen des Aufgebots ausgehändigt werden können.
  • Der Integrationsbeauftragte kann auf die Problematik hingewiesen und gebeten werden, selbst aufklärend zu wirken.
Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)