Corona: Schließung von Sonnenstudios mittlerweile unverhältnismäßig
Der Betreiber eines Sonnenstudios klagte gegen die Untersagung des Betriebs von Solarien zum Schutz vor Infektionen durch das Coronavirus (VGH München, Beschluss vom 02.06.2021, Az. 20 NE 21.1383).
Begründung der Klage
Die Schließungsanordnung durch die 12. BayIfSMV berücksichtige nicht, dass Sonnenstudios weder Freizeiteinrichtungen noch mit den in den Corona-Verordnungen der Länder (hier: § 11 Abs. 5 der 12. BayIfSMV) ebenfalls aufgeführten Badeanstalten, Thermen, Wellnesszentren oder Saunen vergleichbar sind, argumentierte der Betreiber. Vielmehr handele es sich bei Sonnenstudios um körperbezogene, jedoch nicht körpernahe Dienstleistungsbetriebe. Der gewöhnliche Betrieb von Sonnenstudios bringe Kontakte lediglich beim Buchungs- und Bezahlvorgang mit sich. Ansonsten seien die Kunden bei Inanspruchnahme der Dienstleistung vollständig separiert. Bei körpernahen Dienstleistungen und im Einzelhandel seien die Kundenkontakte deutlich zahlreicher und intensiver.
Die Entscheidung des VGH München
Zum Maßstab des Infektionsgeschehens hat der Bundesgesetzgeber insbesondere die auf Landkreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene zu ermittelnde und vom Robert Koch-Institut laufend unter http://corona.rki.de veröffentlichte Sieben-Tage-Inzidenz von Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner bestimmt (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 4 und 13 IfSG). Damit verpflichtet der Bundesgesetzgeber die zur Entscheidung berufenen öffentlichen Stellen und damit vor allem die nach § 32 Satz 1 IfSG zum Erlass von Verordnungen ermächtigten Landesregierungen, bei der Entscheidung über den Erlass oder die Aufrechterhaltung von Schutzmaßnahmen u.a. zu berücksichtigen, ob der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen regional, landesweit oder gar bundesweit überschritten ist.
Für den Fall eines Absinkens der Inzidenz unter den Schwellenwert regelt § 28a Abs. 3 Satz 11 IfSG weitgehend deklaratorisch, dass die erlassenen Schutzmaßnahmen (nur) aufrechterhalten werden können, „soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) erforderlich ist“, wobei auch die Zahl der geimpften Personen und die zeitabhängige Reproduktionszahl (R-Wert) zu berücksichtigen sind (§ 28a Abs. 3 Satz 12 IfSG). Damit stellt der Bundesgesetzgeber klar, dass es bei Unterschreitung der gesetzlichen Schwellenwerte zwingend weiterer infektionsschutzrechtlicher – wenn auch nicht inzidenzbezogener – Rechtfertigungsgründe bedarf, um einmal erlassene Schutzmaßnahmen aufrechtzuerhalten.
Gemessen daran sind keine Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen worden, die angesichts der aktuellen landesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von 37,5 eine landesweit geltende vollständige Betriebs- und Nutzungsuntersagung von Sonnenstudios rechtfertigen könnten.
Ergebnis
Die Schließung von Solarien durch die 12. BayIfSMV wurde außer Vollzug gesetzt. Das Land hat umgehend mit § 13 Abs. 3 der 13. BayIfSMV (gültig ab 05.06.2021) reagiert und den Betrieb von Solarien erlaubt, soweit nicht mehr als ein Besucher je 10 m² zugänglicher Fläche gleichzeitig zugelassen wird.
Den Beschluss finden Sie hier.