16.01.2024

Bund führt das Anwalts- und Bürgerpostfach im Verwaltungsverfahren ein

Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (5. VwVfÄndG) vom 4. Dezember 2023 (BGBl I. Nr. 344) passt der Bund das Verwaltungsverfahrensrecht an das in der Pandemie bewährte PlanSiG sowie an die ZPO an.

Verwaltungsverfahren

Kritik am Verwaltungsverfahrensrecht

Die Bundesregierung hat zwei wesentliche Kritikpunkte am aktuellen Verwaltungsverfahrensrecht aufgegriffen:

  • Die Ausstattung mit qualifizierten elektronischen Signaturzertifikaten und den Signatureinrichtungen für die einzelnen zeichnungsbefugten Beschäftigten erfordert einen hohen Einsatz von Kosten und Ressourcen.
  • Die schriftformersetzende elektronische Kommunikation über das besondere elektronische Anwaltspostfach, dessen Nutzung für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten zwingend vorgeschrieben ist, gilt nicht in Verwaltungsverfahren.

Gesetzliche Neuerungen

Um diese Schwachstellen zu beseitigen, übernimmt das VwVfG des Bundes wesentliche Regelungen des Planungssicherstellungsgesetzes (PlanSiG) in modifizierter Form in das Verwaltungsverfahrensrecht:

  • Die bisher zusätzlich und als Soll-Vorschrift geregelte öffentliche Bekanntmachung im Internet wird nunmehr zwingend und als Voraussetzung der Wirksamkeit vorgegeben (§ 27a VwVfG Bund).
  • Zur Einsicht auszulegende Dokumente sind vorrangig über das Internet zugänglich zu machen. Zudem werden die Instrumente der Onlinekonsultation sowie der Video- und Telefonkonferenz, die sich im PlanSiG bewährt haben, in das VwVfG übernommen (§ 27b VwVfG Bund).
  • Im Zuge dieser Änderungen werden im Verwaltungsverfahrensrecht für schriftformbedürftige Erklärungen gegenüber Behörden besondere elektronische Postfächer zugelassen, insbesondere das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Für schriftformbedürftige Erklärungen von Behörden wird das qualifizierte elektronische Siegel zugelassen (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 VwVfG Bund). In beiden Fällen ersetzt die elektronische Kommunikation die Schriftform.

Im Rahmen der Konkordanzgesetzgebung werden die Länder ihre Verwaltungsverfahrensgesetze an das VwVfG des Bundes anpassen.

Folgeänderungen:

Die vorgenannten Änderungen gelten entsprechend auch für

  • das Widerspruchsverfahren (§ 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und
  • die Bekanntgabe der automatisierten Entscheidung über die Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs an das elektronische Postfach des Halters (§ 25 Abs. 1 Satz 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung).

 

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)