„Bingo“ im Altenheim: Erlaubnis nach GlüStV notwendig?
Eine Spielgruppe von Bewohnern eines Altenheims traf sich einmal in der Woche zum „Bingo“ und löste damit Alarm bei der Glücksspielaufsicht des Bundeslandes aus.
In vielen Altenheimen herrscht für die Bewohner über weite Strecken des Tages gähnende Langeweile. Wer noch gesundheitlich dazu in der Lage ist, sehnt die Tage herbei, an denen Ausflüge oder Spiele unterschiedlichster Art angeboten werden. Ein Altenheim veranstaltet einmal in der Woche das Spiel „Bingo“. Aus einer Lostrommel werden nummerierte Kugeln gezogen. Wer zuerst ein Muster auf seinem Spielschein markiert hat und „Bingo“ ruft, gewinnt. Die Teilnehmer entrichten 50 Cent und können Schokolade, Pralinen und andere kleine Sachpreise gewinnen.
Alles unbedenklich, könnte man meinen. Die Gefahr lauert eher in dem ungezähmten Genuss der gewonnenen Süßigkeiten als im Spiel an sich. Doch weit gefehlt. Der Betreiber des betroffenen Altenheims verbot die „Bingo“-Nachmittage, weil diese ein „illegales Glücksspiel“ darstellen würden.
Wir wollen an dieser Stelle prüfen, ob „Bingo“ ein „illegales Glücksspiel“ ist und ob es Alternativen zu einem Verbot gibt.
Ist „Bingo“ ein Glücksspiel?
Ein Glücksspiel liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust allein oder überwiegend vom Zufall abhängig ist und ein Entgelt verlangt wird (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Erfolg oder Misserfolg muss vom Wirken unberechenbarer, dem Einfluss der Beteiligten entzogener Kräfte abhängig sein. Ein Glücksspiel liegt auch dann vor, wenn der Spielerfolg zwar nicht allein vom Zufall abhängt, dem Zufallselement aber ein deutliches Übergewicht gegenüber den vom Spieler zu beeinflussenden Umständen zukommt. Maßgeblich für die Beurteilung sind die Fähigkeiten und Erfahrungen eines Durchschnittsspielers.
Ergebnis: Unter Anwendung dieser Definitionen ist „Bingo“ ohne Zweifel ein Glücksspiel.
Ist das Glücksspiel auch illegal?
Wird ein Glücksspiel
- ohne eine behördliche Erlaubnis
- öffentlich
- veranstaltet oder die Einrichtungen hierzu bereitgestellt,
sind die Tatbestände des § 284 Abs. 1 StGB erfüllt.
Die Erlaubnispflicht ergibt sich aus § 12 GlüStV.
Gewohnheitsmäßige Glücksspiele in Vereinen oder auch in geschlossenen Gesellschaften gelten als „öffentlich“ veranstaltet.
Ergebnis: Weil das Altenheim als Veranstalter des wöchentlichen „Bingo“ keine Erlaubnis vorweisen kann, wurde das Spiel „illegal“ betrieben.
Könnte eine Erlaubnis erteilt werden?
Die Länder können von den Regelungen des GlüStV nach dessen § 18 bei der Veranstaltung „Kleiner Lotterien“ abweichen, bei denen
- die Summe der zu entrichtenden Entgelte den Betrag von 40.000 Euro nicht übersteigt,
- der Reinertrag ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zwecke verwandt wird und
- der Reinertrag und die Gewinnsumme jeweils mindestens 25 v.H. der Entgelte betragen.
Was ist eine Lotterie?
Gemeinsame Kriterien einer Lotterie sind Einsatz und Zufall. Demnach muss ein Einsatz erbracht werden, der auch versteckt erfolgen kann. Die Entscheidung über den Gewinn muss im Wesentlichen vom Zufall abhängen. Zusätzlich muss die Lotterie öffentlich veranstaltet werden.
Ergebnis: „Bingo“ im Altenheim ist eine „Kleine Lotterie“. Sie bedarf einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 18 GlüStV durch die nach dem jeweiligen Landesrecht zuständige Glücksspielaufsicht. Das bedeutet konkret, dass das Altenheim der Glücksspielaufsicht die Termine des „Bingo“ im Voraus mitteilen und einen Spielplan vorlegen muss, aus dem sich die Höhe der vereinnahmten Entgelte, der Reinertrag und dessen Verwendung erkennen lassen.
Wir hoffen, dass das zuständige Ordnungsamt in diesem Fall wohlwollend entscheidet und auf die Gebühren für die Erlaubnis verzichtet bzw. sie so gering wie möglich ansetzt. Soweit wir erfahren haben, wurde keine Strafanzeige gestellt.