24.03.2023

Bestattungen: Wie lange darf Ermitteln von Angehörigen dauern?

Ein Verstorbener wurde 26 Tage in einem Kühlhaus aufbewahrt. 22 Tage brauchte die Ordnungsbehörde, um eine Tochter zu ermitteln. Sie musste sich mit der Tochter wegen der Gebühren für das Kühlhaus auseinandersetzen (VGH Mannheim, Urteil vom 17.01.2023, Az. 1 S 3770/21).

Bestattungen Ermitteln von Angehörigen

Tochter verweigert die Bestattung

Nach dem Tod ihres Vaters am 17.12.2018 unterrichtete die Ordnungsbehörde dessen Tochter am 07.01.2019 von dem Sterbefall und wies auf ihre Bestattungspflicht hin. Mit E-Mail vom selben Tag teilte die Tochter der Ordnungsbehörde mit, das Schreiben berühre sie überhaupt nicht, da ein Kontakt zum Verstorbenen überhaupt nie bestanden habe. Sie betrachte das Schreiben als erledigt.

Am 11.01.2019 gab die Ordnungsbehörde einem Bestattungsunternehmen auf, den Verstorbenen im Wege der Feuerbestattung zu bestatten. Mit Bescheid vom 21.03.2019 forderte die Ordnungsbehörde die Tochter zum Ausgleich der verauslagten Bestattungskosten in Höhe von 3.197 Euro zuzüglich Gebühren und Auslagen in Höhe von 300 Euro unter Eröffnung der Möglichkeit zur Ratenzahlung auf. In diesen Kosten waren auch die Kosten für die Benutzung der Kühlzelle (26 Tage zu 21 Euro zzgl. USt.) enthalten.

Die Tochter wehrte sich gegen den Kostenbescheid.

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Bestattungspflicht der Tochter

Verstorbene müssen nach den Bestattungsgesetzen der Bundesländer (hier: § 30 Abs. 1 Satz 1 BestattG B-W) bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG B-W). Wird nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die Ordnungsbehörde diese anzuordnen oder auf Kosten der Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, außer die Verstorbenen werden einem anatomischen Institut zugeführt (§ 31 Abs. 2 BestattG B-W). Die Angehörigen sind daher kraft Gesetzes zur Erstattung der Bestattungskosten verpflichtet. Die Ordnungsbehörde kann die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend machen.

Kostentragungspflicht der Tochter begrenzt

Verstorbene müssen grundsätzlich innerhalb von 96 Stunden nach Eintritt des Tods beigesetzt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 1 BestattG B-W). Diese Frist gilt nicht, wenn der Verstorbene in einer Leichenhalle oder einem Leichenraum aufgebahrt ist.

Die Dauer der Aufbahrung muss verhältnismäßig sein. Hierzu steht der Ordnungsbehörde ein Zeitrahmen von 14 Tagen zur Verfügung. Die Ordnungsbehörde hatte aber 26 Tage für die Ermittlungen, die Kontaktaufnahme mit der Tochter und das Veranlassen der Bestattung gebraucht. Da die Bestattung am ersten Tag nach Ablauf von 14 Tagen zu veranlassen ist, sind die Kühlkosten nur für diesen Zeitraum plus einen Tag für das Veranlassen der Bestattung erstattungsfähig. Die weiteren Kosten für die Aufbewahrung des Verstorbenen in der Kühlzelle für die folgenden elf Tage sind nicht erstattungsfähig.

Ergebnis

Die Bestattungsfrist ist im Fall der Aufbewahrung eines Verstorbenen in einer Kühlzelle nicht anwendbar, weil es sich um eine Aufbahrung in einem Leichenraum handelt.

Die Klage ist begründet, soweit die Ordnungsbehörde mit Bescheid vom 21.03.2019 gegenüber der Tochter Kosten für die über den Zeitraum von 15 Tagen hinausgehende Aufbewahrung des Verstorbenen in der Kühlzelle im Leichenraum des Klinikums für weitere elf Tage in Höhe von 274,89 Euro geltend gemacht hat. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

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Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)