Ist eine Bestattung in einer privaten Hofkapelle zulässig?
Besteht an der Bestattung in einer privaten Hofkapelle ein berechtigtes Bedürfnis oder Interesse und werden dadurch öffentliche Interessen oder schutzwürdige Belange Dritter beeinträchtigt (VG Trier, Urteil vom 29.03.2022, Az. 7 K 3746/21.TR)?
Antrag auf Urnenbestattung auf eigenem Grund
Ein Ehepaar teilte der Kreisverwaltung mit, dass es nach ihrem Tod in der eigenen Hofkapelle in einem Urnengrab beigesetzt werden möchte. Die Familie besitze zwar auf dem kommunalen Friedhof eine Grabstätte, jedoch lehne das Ehepaar eine dortige Beisetzung ab. Denn die gemeinsamen Kinder wohnten weit außerhalb der Ortsgemeinde und können sich daher nicht um die Grabpflege kümmern.
Der Kreis lehnte den Antrag ab. Erd- und Feuerbestattungen seien in Rheinland-Pfalz außerhalb von gemeindlichen oder kirchlichen Friedhöfen regelmäßig verboten und lediglich für ganz besonders gelagerte Einzelfälle könne ausnahmsweise die Beisetzung auf einem privaten Bestattungsplatz erlaubt werden. Hintergrund dieser Regelung sei eine in der Gesellschaft verbreitete Scheu vor dem Tod und seinen Erscheinungsformen.
Zunehmende Tendenz zum öffentlichen Ausdruck der Trauer
Einerseits will das Land nach der amtlichen Begründung zu §§ 1 und 4 BestG R-P mit Rücksicht auf die allgemeinen Grund- und Wertvorstellungen der Bevölkerung erreichen, dass Bestattungen grundsätzlich auf Gemeinde- und kirchlichen Friedhöfen stattfinden. Hintergrund ist, dass zumindest in Teilen der Gesellschaft eine gewisse Scheu vor dem Tod und seinen Erscheinungsformen besteht, sodass es weiterhin dem allgemeinen sittlichen Empfinden entspricht, Tote auf besonders dafür gewidmeten Flächen zu bestatten, führte das VG aus.
Andererseits kann nicht mehr ernsthaft bestritten werden, dass die Auseinandersetzung mit dem Tod, insbesondere mit der Trauer der Hinterbliebenen, inzwischen immer mehr in die Öffentlichkeit getragen wird. So wird etwa in den sozialen Medien lange und viel getrauert und die Menschen sind zwischenzeitlich geneigter, ihre Trauer öffentlich auszudrücken. Auch im öffentlichen Raum finden sich neben Kreuzen an Straßenrändern immer häufiger Trauerbekundungen für Privatpersonen in Form von Andachtstellen mit Trauerlichtern und Kondolenzkarten.
Dass der Tod ein Tabuthema darstellt, kann daher nicht mehr ernsthaft behauptet werden; vielmehr reden die Menschen heutzutage sehr aufgeklärt über Sterben, Tod und Trauer, traf das Gericht die gesellschaftliche Meinung hierzu und zitierte aus einem Interview mit dem Bestattungsforscher Prof. Dr. Norbert Fischer, abrufbar unter https://www.allianz.de/aktuell/storys/tod-im-wandel/).
Zudem, so das VG, ist auch keine Beeinträchtigung der über Art. 1 Abs. 1 GG und § 1 Abs. 2 BestG R-P geschützten Totenruhe zu erwarten.
Ergebnis
Durch die Anlegung eines privaten Bestattungsplatzes für zwei Urnenbestattungen werden keine öffentlichen Interessen oder schutzwürdige Belange Dritter beeinträchtigt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 BestG R-P). Das VG verurteilte den Kreis, dem Ehepaar eine Genehmigung zum Anlegen eines privaten Bestattungsplatzes für zwei Urnenbestattungen in der Hofkapelle zu erteilen.