Wie darf Hund auf Provokation durch anderen Hund reagieren?
Ein Hundehalter, dessen Hund zwei andere Hunde schwer verletzte, spielte vor Gericht den Vorgang herunter. Das VG Saarlouis (Beschl. vom 25.02.2022, Az. 6 L 152/22) fand deutliche Worte für den Beißvorfall.
Beißvorfall mit schweren Verletzungen
Ein Hundehalter war mit seinem „Rhodesian Ridgeback“ unterwegs. Entweder wegen des Bellens zweier anderer Hunde oder ohne Grund attackierte er diese. Zunächst packte er den Nachbarshund „R.“ mit den Zähnen, dass dieser Bisswunden davontrug, die unter Narkose versorgt und genäht werden mussten. Unmittelbar danach richtete er sich gegen den Nachbarshund „A.“ und verletzte diesen schwer, indem er ihm unter anderem tiefe Bissverletzungen, einen Leberriss, einen Zwerchfellabriss und eine Lungenkontusion beibrachte.
Die Ordnungsbehörde stufte den „Rhodesian Ridgeback“ als gefährlichen Hund ein. Der Hundehalter wehrte sich und stellte einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.
Ist der „Rhodesian Ridgeback“ ein gefährlicher Hund?
Die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes findet ihre Rechtsgrundlage in den Hundeverordnungen der Bundesländer (hier: § 1 Abs. 2 HuVO SL). Die zuständige Behörde kann bei Zweifeln über die Gefährlichkeit eines Hundes feststellen, dass dieser ein gefährlicher Hund i.S.d. Hundeverordnung ist, sofern er sich als bissig erwiesen hat.
Bissig i.S.d. Hundeverordnung (hier: § 1 Abs. 1 Nr. 1 HuVO SL) ist ein Hund, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die die Neigung des Hundes zum Beißen belegen. Es muss also eine dem Wesen des Hundes nicht regelmäßig entsprechende Schärfe zutage treten. Danach ist ein Hund dann als bissig anzusehen, wenn er seine Gefährlichkeit bereits dadurch gezeigt hat, dass er einmal gebissen hat, wobei allerdings nicht jeder Hundebiss zwangsläufig zur Annahme dieses Tatbestands führt.
Liegen diese Voraussetzungen vor?
Auch wenn, wie der Hundehalter behauptet, sein Hund von der anderen Straßenseite aus durch Bellen provoziert worden ist, rechtfertigt dies nicht sein Verhalten, belehrte das Gericht den Antragsteller.
Selbst wenn man unterstellt, dass der Hund „A.“ auf den Rhodesian Ridgeback zuging und in seine Richtung biss, ist entscheidend, dass der Rhodesian Ridgeback zuvor anlasslos in das Revier der beiden Nachbarshunde eingedrungen ist und angegriffen hat. In einem etwaigen Beißen des Hundes „A.“ in die Richtung des Rhodesian Ridgeback kann also keineswegs ein Angriff gesehen werden, gegen den sich der Rhodesian Ridgeback hätte verteidigen dürfen.
Es ist ein alltägliches Szenario, so das VG weiter, dass ein großer Hund auf kleinere Hunde trifft, die generell bellen bzw. ihn gezielt anbellen. Ein domestizierter großer Haushund muss in der Lage sein, mit einer solchen – nicht unüblichen – Konfrontation ungefährlich umzugehen. Auch zeigt die Erfahrung, dass es bei Begegnungen von nach Kraft und Größe ungleichen Hunden nicht in einer der Häufigkeit von solchen Begegnungen entsprechenden Anzahl zu ernsten Verletzungen des unterlegenen Tiers kommt. Dies belegt, dass die Reaktion des großen Tieres selbst dann, wenn der unterlegene Hund ein Verhalten zeigt, für das er von dem größeren in die Schranken verwiesen werden soll, bei normal und ungefährlich kommunizierenden Hunden entsprechend angepasst und gebremst erfolgt.
Ergebnis
Die Einstufung des Hundes als gefährlich ist offensichtlich rechtmäßig. Der Antrag des Hundehalters wurde abgelehnt.
Hinweis: Lesen Sie auch den Beitrag „Tierschutz-Hundeverordnung: Neue Pflichten für Hundehalter“