Behinderung des Rettungsdienstes durch einen Autofahrer
Das Behindern eines Rettungseinsatzes im Umfang von einer Minute kostete einen Fahrzeugführer 90 Tagessätze zu jeweils 65 Euro und brachte ihm ein Fahrverbot von vier Monaten ein (OLG Hamm, Urteil vom 10.03.2022, Az. III-4 RVs 2/22).
Verzögerung des Rettungseinsatzes
Ein Fahrzeugführer fuhr an eine Unfallstelle heran. Hinter ihm näherte sich mit Blaulicht und Signalhorn ein Rettungswagen. Obwohl der Fahrzeugführer die mit einer blutenden Kopfverletzung am Boden liegende Radfahrerin und den herannahenden Rettungswagen bemerkte, hielt er neben dem auf der Fahrbahn stehenden Fahrzeug des Ersthelfers und beschwerte sich über die Behinderung. Dem Rettungsdienst versperrte er den Weg zur Unfallstelle und gab diesen erst nach mehrmaliger Aufforderung durch Polizeibeamte frei. Vor dem anfahrenden Rettungswagen öffnete er die Fahrertür seines PKW, sodass der Rettungswagen nicht vorbeifahren konnte. Erst auf weitere Aufforderungen ließ er den Rettungsdienst passieren. Das Verhalten des Autofahrers verzögerte die Ankunft des Rettungswagens um mindestens eine Minute.
Vor Gericht musste sich der Fahrzeugführer wegen Behinderung von Hilfsleistungen verantworten.
Straftatbestand § 115 Abs. 3 StGB
Nach § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) wird bestraft, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert (§ 115 Abs. 3 StGB).
Versperren des Weges als „Gewalt“ ausgelegt
Gewalt ist nach Auffassung des OLG auch bei einem Versperren des Weges zum Unfallort anzunehmen, weil die Rettungskräfte hierdurch einem körperlich vermittelten Zwang ausgesetzt sind. Bei einer stark blutenden Kopfverletzung ist die verursachte Verzögerung von mindestens einer Minute auch ausreichend, um eine Behinderung des Rettungsdienstes anzunehmen, blieb das Gericht bei seiner Linie.
Strafzumessung für Behinderung des Rettungsdienstes
Die Strafzumessung der Vorinstanz für die Behinderung des Rettungsdienstes (110 Tagessätze) verminderte das OLG zu einer Einzelstrafe von 90 Tagessätzen zu 65 Euro, weil der Fahrzeugführer die Rettungshandlungen verzögert hat.
Wegen des schwerwiegenden Missbrauchs des PKWs im Straßenverkehr bestätigte das OLG das verhängte Fahrverbot von vier Monaten. Begründet wurde dies damit, dass der Fahrer eines zusätzlichen Denkzettels bedarf.
Unsere Empfehlung
Bei Rettungseinsätzen wiegt selbst die kleinste zeitliche Verzögerung bei der Hilfeleistung schwer und kann über Leben und Tod entscheiden. Es ist richtig, dass AG und OLG in diesem Fall hart durchgegriffen haben.
Informieren Sie daher den Außendienst und die Feuerwehr und stellen Sie sicher, dass Fälle der Behinderung von Hilfeleistungen stets zur Anzeige gebracht werden.