Bäckerei: Infos über lebensmittelrechtliche Verstöße im Internet?
Können lebensmittelrechtliche Verstöße im Internet veröffentlicht werden, wenn sie nicht dokumentiert worden sind (OVG Münster, Beschl. vom 31.03.2022, Az. 9 B 159/22)?
Antrag auf Einstweilige Anordnung
Bei einer amtlichen Kontrolle in einer Bäckereifiliale wurden Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) festgestellt. Die Mängel sollten entsprechend einer schriftlichen Ankündigung im Internet auf der Seite www.lebensmitteltransparenz.nrw.de veröffentlicht werden.
Der Bäcker beantragte eine Einstweilige Anordnung gegen die Veröffentlichung.
Rechtsgrundlage des Unterlassungsanspruchs
Rechtsgrundlage für einen Unterlassungsanspruch ist das Grundrecht des Bäckers auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Durch die geplante Veröffentlichung droht eine Beeinträchtigung des Grundrechts. Als Rechtfertigung für die Information kommt § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB in Betracht.
Rechtsgrundlage der Information
§ 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB
Nach § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels sowie unter Nennung des Lebensmittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist.
§ 38 Abs. 2a Satz 2 LFGB
Durch Tatsachen, im Fall von Proben nach § 38 Abs. 2a Satz 2 LFGB auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen, muss der hinreichend begründete Verdacht bestehen, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des LFGB, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist.
§ 41 OWiG
Es muss zudem eine Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro oder eine Sanktionierung wegen einer Straftat zu erwarten und deswegen gemäß § 41 OWiG eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt sein.
Mangelhafte Dokumentation
Die bei der amtlichen Kontrolle festgestellten Verstöße gegen das LFGB (Vorhandensein von Mäusekot) wurden jedoch nicht dokumentiert. Ein Schädlingsbekämpfer konnte keinen Schadnagerbefall oder sonstige Befallspuren erkennen.
So entschied das Gericht
- Durch eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Tatbestandsmerkmale von § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB ist sicherzustellen, dass nur über Verstöße von hinreichendem Gewicht informiert wird.
- Die den Verdacht begründenden Tatsachen sind von der zuständigen Behörde, etwa durch Fotos, zu dokumentieren.
- Die Annahme einer Bußgelderwartung oder einer Sanktionierung wegen einer Straftat setzt ein schuldhaftes Verhalten voraus. Es müssen ein objektiver Pflichtverstoß und ein subjektiv schuldhaftes Verhalten einer im Betrieb verantwortlichen Person festgestellt (und nachgewiesen) werden können.
Das OVG erließ die beantragte Einstweilige Anordnung und untersagte die Veröffentlichung im Internet.
Hinweis
Ergibt sich bei einer gewerberechtlichen Kontrolle ein Verdacht, das lebensmittelrechtliche Vorschriften verletzt sein können, empfehlen wir, diese Verletzung zu dokumentieren und die nach dem Landesrecht zuständigen Behörde zu informieren.
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Den Beschluss können Sie hier nachlesen.