Kann das „Auto-Posen“ verboten werden?
Sind die Ordnungsbehörden berechtigt, das „Auto-Posen“ zu untersagen? Ein Urteil des VG Düsseldorf vom 01.09.2022, Az. 6 K 4721/21, wirft hierzu mehr Fragen auf, als beantwortet werden.
Was ist „Auto-Posen“?
Beim „Auto-Posen“ steht das Präsentieren von Fahrzeugen im Vordergrund. Die „Auto-Poser“ wollen mit ihren in der Regel leistungsstarken Fahrzeugen, deren Motoren ggf. getunt wurden, auffallen. Das Auto wird für das „Posen“ hauptsächlich in belebten Innenstädten in Szene gesetzt und verursacht hierbei absichtlich eine erhebliche Lärmbelästigung.
Der zugrunde liegende Sachverhalt
Der Fahrer eines hochmotorisierten Mercedes AMG C63 war mit laut heulendem Motor an einer Ampel losgefahren, um die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zu ziehen. Die örtliche Ordnungsbehörde verbot dem Fahrer das „Auto-Posen“ im ganzen Stadtgebiet für die Dauer von drei Jahren und drohte ihm für weiteres „Posen“ ein Zwangsgeld von 5.000 Euro an.
Die Entscheidung des Gerichts
Der Straßenverkehr in Deutschland ist abschließend durch das Bundesrecht geregelt, u.a. durch das StVG, die StVO und die FeV. Nach § 30 Abs. 1 StVO sind bei der Benutzung von Fahrzeugen unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Es ist insbesondere verboten, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen. Unnützes Hin- und Herfahren ist innerhalb geschlossener Ortschaften verboten, wenn Andere dadurch belästigt werden.
Weder § 30 Abs. 1 StVO noch das StVG oder die FeV sehen für Verstöße gegen diese Verbote Eingriffsgrundlagen vor, entschied das VG. Das „Auto-Posen“ kann lediglich mit einem Bußgeld von 80 bis 100 Euro geahndet werden, so das Gericht weiter. Weil das Bundesrecht das „Auto-Posen“ nicht als besonders schwerwiegende Gefahr für die Verkehrssicherheit einschätzt und deshalb hierfür keine Punkte im Verkehrsregister vorsieht, kann die Ordnungsbehörde keine strengeren Maßstäbe anlegen und auf der Grundlage der Befugnisklausel eigenständig Verbote aussprechen.
Gibt es hierzu Rechtsprechung anderer Gerichte?
Das VG Karlsruhe hatte mit Urteil vom 17.12.2018, Az. 1 K 4344/17, eine auf die Befugnisklausel des Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetzes gestützte Verfügung bestätigt, mit der dem Poser untersagt wurde, unnötigen Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen im gesamten Stadtgebiet zu verursachen. Die Befugnisklausel, entschied das VG Karlsruhe, ist mangels vorrangiger spezialgesetzlicher Regelungen auch im Hinblick auf den Erlass einer (konkretisierenden) Verbots- bzw. Untersagungsverfügung bezüglich § 30 Abs. 1 StVO anwendbar. Der VGH Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 04.06.2019, Az. 1 S 500/19, die Entscheidung des VG Karlsruhe bestätigt.
Abschließende Bewertung
Die Begründung des VG Düsseldorf, das Straßenverkehrsrecht des Bundes sei abschließend und lasse die Anwendung der Befugnisklausel nicht zu, widerspricht der Bedeutung und Aufgabe der (subsidiär anwendbaren) Befugnisklausel. Sie soll den Ordnungsbehörden nach Ermessen das Einschreiten gerade in den Fällen ermöglichen, die nicht spezialgesetzlich geregelt sind.
Wir empfehlen, der Rechtsauffassung des VG Karlsruhe und des VGH Baden-Württemberg zu folgen. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat die Berufung zum OVG für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie die Sprungrevision zum BVerwG in Leipzig zugelassen. Wir gehen davon aus, dass diese Gerichte das Urteil des VG Düsseldorf aufheben werden.