Ausüben des Ermessens bei Antrag auf einen personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatz
Darf ein Antrag auf Erteilen eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes abgelehnt werden, wenn in einer zumutbaren Entfernung zur Wohnung bzw. Arbeitsstätte ausreichende Parkmöglichkeiten vorhanden sind (VGH Mannheim, Beschl. vom 22.05.2023, Az. 13 S 1831/22)?
Antrag auf personenbezogenen Parkplatz
Die Trägerin einer Prothese, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, beantragte ein Parkvorrecht und das Ausstellen eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes. Sie begründete den Antrag mit Schwierigkeiten, vor der Wohnung einen Parkplatz zu finden.
Die Straßenverkehrsbehörde lehnte den Antrag ab. In unmittelbarer Umgebung der Wohnung sowie am nördlichen Fahrbandrand der Straße sind stets ausreichend Parkmöglichkeiten im öffentlichen Verkehrsraum vorhanden. Hierzu legte die Behörde eine Dokumentation von Lichtbildern vor, die an unterschiedlichen Tagen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Tageszeiten angefertigt wurden und die belegen, dass immer freie Parkmöglichkeiten vorhanden waren.
Das VG lehnte die Klage der Schwerbehinderten ab. Diese stellte beim VGH Mannheim einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG.
Entscheidung nach Ermessen
Die Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes ist in § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO geregelt, der auf § 6 Abs. 1 Nr. 15a StVG beruht, erkannte der VGH. Danach treffen die Straßenverkehrsbehörden die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen. Liegt der Tatbestand vor, räumt die Vorschrift grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf einen personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatz ein, jedoch hat der Betroffene einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie, am Zweck der Regelung orientierte Entscheidung.
Zweck der Regelung
Die Vorschrift von § 6 Abs. 1 Nr. 15a StVG hat das Ziel, den entwürdigenden Zustand zu beenden, dass unter anderem Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung unzumutbar weite Wege gehen oder gar getragen werden müssen. Zweck der genannten Regelung ist es, die genannten Personen zu begünstigen, soweit für sie eine Zumutbarkeitsgrenze überschritten und bei Berücksichtigung der allgemeinen örtlichen Verkehrsverhältnisse der übrige Verkehr weder behindert noch gefährdet wird.
Ermessenslenkende Wirkung
Bei der Ausübung des Ermessens ist die VwV-StVO zu beachten, die eine ermessenslenkende Wirkung hat. Mit ihr soll gewährleitet werden, dass verkehrsbehördliche Anordnungen im ganzen Bundesgebiet nach den gleichen Grundsätzen ergehen und der Verkehrsteilnehmer überall in Deutschland die gleichen Verkehrsregeln vorfindet.
Prüfung, ob ein Parksonderrecht erforderlich ist
In der VwV-StVO zu § 45 StVO (Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen) in Abschnitt IX Nr. 2a (Rn 23 ff.) ist aufgeführt, dass Parkplätze für bestimmte schwerbehinderte Menschen, z.B. vor der Wohnung oder in der Nähe der Arbeitsstätte, eine Prüfung voraussetzen, ob ein Parksonderrecht erforderlich ist, was z.B. nicht der Fall ist, wenn Parkraummangel nicht besteht oder der schwerbehinderte Mensch in zumutbarer Entfernung eine Garage oder einen Abstellplatz außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums hat.
Gründe einer Ablehnung
Der VGH entschied: Die Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes kann ermessensfehlerfrei abgelehnt werden, wenn im öffentlichen Verkehrsraum in einer für den Schwerbehinderten zumutbaren Entfernung zur Wohnung bzw. Arbeitsstätte ausreichende Parkmöglichkeiten vorhanden sind, die ihm ein gefahrloses Ein- und Aussteigen in seinen bzw. aus seinem Personenkraftwagen ermöglichen, und wenn die spezifische Nutzung der Parkmöglichkeiten durch den Schwerbehinderten den übrigen Verkehr nicht behindert oder gefährdet.
Ergebnis
Der Antrag der Schwerbehinderten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Karlsruhe wurde abgelehnt.