Ausschank nach 22 Uhr anlässlich einer Marktveranstaltung
Das VG Ansbach musste entscheiden, ob Nachbarn es hinnehmen müssen, wenn das Gewerbeamt den Ausschank auf einer Freifläche nach 22 Uhr aus Anlass einer Marktveranstaltung erlaubt (Beschl. vom 24.06.2015, Az. AN 4 S 15.00932, AN 4 S 15.00934, AN 4 S 15.00928 u.a.).
Ein Gewerbeamt gestattete einem Gaststättenbetreiber, den Ausschank auf einer zur Gastwirtschaft gehörenden Außenfläche an einem Tag im Juni in einem Mischgebiet nach 22 Uhr bis 1 Uhr . Gleichzeitig verkürzte das Gewerbeamt die Sperrzeit. Besonderer Anlass war eine Marktveranstaltung. Erwartet wurde eine Geräuschbelastung von 74 dB(A). Der Miteigentümer eines der Gastwirtschaft gegenüber liegenden Wohn- und Geschäftshauses klagte gegen die Gestattung und beantragte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.
Die Entscheidung des Gerichts
- Der Antrag, begann das Gericht, war zulässig, weil die Gestattung und Sperrzeitverkürzung mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen wurde (§ 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO).
- Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG des Bundes wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Weil § 3 Abs. 1 BImSchG den Begriff „Nachbarschaft“ erwähnt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden. Dies steht nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch im Interesse betroffener Einzelpersonen.
- Diese Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter.
- Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Für die Wohnnutzung sind Störungen und Belästigungen insbesondere dann nicht mischgebietsverträglich, wenn sie sich bis in die Freizeit erstrecken, vor allem in die Zeit der Nachtruhe hinein.
- Die Geräuschbelastung, die als Folge der Bescheide von 22 Uhr bis 1 Uhr zu erwarten ist – Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) entsprechend der Prognose des Gewerbeamtes – ist für den Antragsteller nicht zumutbar.
- Unabhängig davon sind die Bescheide in nachbarrechtlich relevanter Weise nicht hinreichend bestimmt, da für die Nachbarn aus der erteilten Gestattung Gegenstand und Umfang der zu erwartenden Geräuschbelastung nicht eindeutig festgestellt werden kann. Zudem fehlen verbindliche Bestimmungen dazu, welche Pegel der Betreiber der Gaststätte nicht überschreiten darf.
Ergebnis
Dem Antrag auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung der Klage des Nachbarn wurde stattgegeben.
Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis
Der Bescheid des Gewerbeamtes ist nicht allein deshalb rechtswidrig, weil der Gebietsbezug nicht geprüft wurde, sondern auch, weil er zu unbestimmt war. Ermitteln Sie daher nicht nur, wie im Fall geschehen, die mögliche Geräuschentwicklung, sondern beziehen Sie sie auf das konkret betroffene Gebiet und prüfen Sie, ob sie für die Betroffenen zumutbar ist. Legen Sie in der Gestattung auf jeden Fall fest, welcher Immissionswert an welchem Ort nicht überschritten werden darf und welche geräuschmindernden Maßnahmen vom Gaststättenbetreiber zu treffen sind.