Anordnung von Tempo 30 km für einen Schulweg
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Tempo 30 für einen Schulweg Bestand hat (VGH Mannheim, Beschl. vom 25.03.2024, Az. 13 S 730/23)?
Stark befahrene und unübersichtliche Strecke
Die Straßenverkehrsbehörde ordnete für einen stark befahrenen Streckenabschnitt, der im Schulwegplan als Schulweg ausgewiesen ist, eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 30 km/h an. Der Teil der Straße ist wegen Kurven und Gefälle nur eingeschränkt einsehbar, begründete die Behörde ihre Entscheidung. Hinzu kommen mehrere Einmündungen, Ein- und Ausfahrten von Parkplätzen, Höfen und Garagen, schmale und verengte Gehwege sowie Radverkehr auf der Fahrbahn. Zudem ist die Fahrbahn nur 5,50 bis 5,60 m breit. Geschwindigkeitsmessungen ergaben, dass der Streckenabschnitt zum Teil mit erhöhter Geschwindigkeit befahren wird.
Das Verwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde. Betroffene Kraftfahrer riefen den VGH Mannheim an.
Tempolimit muss zwingend erforderlich sein
Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten, zitierte der VGH § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO). Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs setzen eine besondere Gefahrenlage wegen der örtlichen Verhältnisse voraus, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs und den damit verbundenen Schutz von Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer erheblich übersteigen (§ 45 Abs. 9 Satz 3 StVO).
Was sind „besondere örtliche Verhältnisse“?
Besondere örtliche Verhältnisse i.S. von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO können bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, der zur Verfügung stehenden Fläche für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr, witterungsbedingten Einflüssen, der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung, der Verteilung des Verkehrs und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein.
Wann ist eine Gefahrenlage anzunehmen?
Eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung eines Rechtsguts erheblich übersteigt, setzt nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermehrt Schadensfälle ohne Eingreifen der Straßenverkehrsbehörde voraus. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts ist, wenn hochrangige Rechtsgüter betroffen sind, ein behördliches Einschreiten bereits bei einer geringeren Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässig und geboten.
Ergebnis
Eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit einer Rechtsgutbeeinträchtigung i.S. von § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO kann auch dann gegeben sein, wenn die Straßenquerung wegen der Unübersichtlichkeit und beschränkten Einsehbarkeit eines Straßenabschnitts sowie des dort zutage getretenen Geschwindigkeitsniveaus des Kraftfahrzeugverkehrs für Grundschulkinder besonders schwierig ist. Die Beschränkung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h in diesem Fall setzt nicht voraus, dass es dort bereits zu Unfällen (mit Personenschaden) gekommen ist.
Der VGH bestätigte daher wie das VG zuvor die straßenverkehrsrechtliche Anordnung.