Angebranntes Essen: Fehlalarm-Kostenpauschale für Feuerwehreinsätze?
Fünfmal rückte die freiwillige Feuerwehr aus, nachdem die Brandmeldeanlage in einem Alten- und Pflegeheim angeschlagen hatte. Fünfmal brauchten die Helfer nicht einzugreifen, weil Mitbewohner angebranntes Essen vom Herd nahmen und lüfteten. Fünf Kostenbescheide verschickte die Gemeinde an den Betreiber des Alten- und Pflegeheims. Beim VG Koblenz (Urteil vom 09.01.2018, Az. 3 K 376/17.KO) lagen die Bescheide auf dem Prüfstand.
Im Zeitraum von Juni bis November kam es infolge des Auslösens der Brandmeldeanlage zu fünf Einsätzen der freiwilligen Feuerwehr in einem Seniorenzentrum. Ursache waren nach den Brandberichten jeweils angebrannte Speisen, die zu einer Rauchentwicklung führten:
- Am 8. Juni verkochte in einem Appartement Kartoffelwasser, und die Kartoffeln fingen an zu qualmen.
- Am 7. Juli qualmte Kochgut.
- Am 1. Oktober verfing sich ein Toast in einem Toaster und verbrannte.
- Am 30. Oktober brannte eine Waffel im Toaster an und verqualmte den Wohnraum.
- Am 14. November stellte eine Bewohnerin einen Topf mit Kirschen auf den Herd. Die Kirschen brannten an.
In allen fünf Fällen schliefen die Bewohner neben dem Herd ein oder verließen den Raum, ohne an die Speisen zu denken. Die Maßnahmen der freiwilligen Feuerwehr erschöpften sich jeweils im Zurücksetzen der ausgelösten Brandmeldeanlage, weil Bewohner bzw. Mitarbeiter des Seniorenzentrums schnell eingriffen, die Speisen vom Herd bzw. Toaster nahmen und die verqualmten Räume lüfteten.
Die Gemeinde verschickte an den Betreiber des Seniorenzentrums Kostenbescheide wegen Fehlalarmierungen. Der Betreiber klagte gegen die Kostenbescheide.
Entscheidungsgründe
- Nach den Gesetzen der Bundesländer zum Katastrophenschutz bzw. Brandschutz können die Gemeinden als Aufgabenträger von dem Eigentümer, Besitzer oder Betreiber einer Brandmeldeanlage Kostenersatz verlangen, wenn die Brandmeldeanlage einen Falschalarm auslöst.
- Ein Falschalarm in diesem Sinne ist gegeben, wenn objektiv keine Gefahr bestand, d.h. wenn zum Zeitpunkt des Alarms aus Sicht eines umsichtigen Feuerwehrmanns objektiv keine Situation vorlag, die in absehbarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für ein Rechtsgut geführt hätte.
- Je kürzer die Zeit, in welcher der Feuerwehrmann die Gefahrenlage abschätzen muss, je höherwertiger das Rechtsgut und je größer die Gefahr irreparabler Schäden für dieses Rechtsgut ist, umso geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.
- Ist über die Kostentragungspflicht zu entscheiden, ist eine Ex-post-Betrachtung anzustellen. Bei der Beurteilung der Gefahrenlage ist objektiv vorzugehen und auf den erweiterten Wissenshorizont der Feuerwehr abzustellen. Demnach ist ausschlaggebend, ob aus Sicht eines umsichtigen Feuerwehrmanns, der objektiv die Verhältnisse vor Ort kannte, zum Zeitpunkt des Alarms eine Gefahrenlage bestand. War das nicht der Fall, so lag ein Falschalarm vor, der die Kostentragungspflicht auslöst.
- Angebranntes, unbeaufsichtigtes Kochgut auf einem angeschalteten Herd kann ohne Eingriff in den Geschehensablauf bei ungehindertem Fortgang zu einer erheblichen Rauchentwicklung führen, die ältere und gebrechliche Menschen erheblich beeinträchtigen kann, sodass allein deswegen für diese Menschen Gesundheitsgefahren heraufbeschworen werden können. Zudem ist es auch nicht ausgeschlossen, dass es hierdurch zu einem Brandereignis in einem Zimmer kommen kann und Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies gilt auch, wenn Brote oder Brötchen in einem Toaster anbrennen.
- In allen fünf Fällen lag somit tatsächlich bei objektiver Betrachtungsweise eine Gefahrensituation vor und kein Falschalarm.
Ergebnis
Die Kostenbescheide der Gemeinde wurden vom Gericht aufgehoben.
Das Urteil ist abrufbar unter Nr_02-2018_VOE_3_K_0376-17_KO_Urteil_vom_09-01-2018_7563.pdf (rlp.de)