06.08.2024

Abtretung des Herausgabeanspruchs nach Hundehaltungsverbot und Sicherstellung des Tiers?

Mehrere Nüsse hatte das VG Göttingen zu knacken, weil ein Hundehalter und seine Lebensgefährtin versuchten, die Ordnungsbehörde mit einer Vereinbarung auszutricksen (VG Göttingen, Beschl. vom 04.07.2024, Az. 1 B 51/24).

Streitobjekt „Karan“

Nachdem die Ordnungsbehörde den Dobermann „Karan“ sichergestellt und dem Halter untersagt hatte, das Tier zu halten, vereinbarte dieser mit seiner Lebensgefährtin, das „Karan“ ihr künftig gehören solle. Die Übergabe des Hundes wurde dadurch ersetzt, dass der Halter seiner Lebensgefährtin seinen Herausgabeanspruch gegenüber der Ordnungsbehörde abtrat.

Die Lebensgefährtin sei zum Islam konvertiert und aktiv geworden. Dies reiche aus, so die Behörde, der Lebensgefährtin das Führen und Halten von „Karan“ zu untersagen. Die Herausgabe des Tieres wurde verweigert, weil sei nur eine „Strohfrau“ sei, um die wahren Verhältnisse zu verschleiern.

Die Lebensgefährtin ging gegen die Untersagung der Hundehaltung vor und wollte mit einer Leistungsklage die Herausgabe von „Karan“ erzwingen.

Voraussetzungen eines Hundehaltungsverbots

Nach dem Hundegesetz des Bundeslandes (hier § 17 Abs. 4 Satz 1 NHundG) können die zur Einhaltung der Vorschriften des Landeshundegesetzes (hier gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 NHundG) im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Die Hundehaltung kann untersagt werden, wenn der Halter insbesondere wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 60 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt wurde und seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind.

Zudem sind Hunde so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen (hier § 2 NHundG).

Vermutungen sind zu wenig

Es liegen nicht genügend Anhaltspunkte dafür vor, dass die Lebensgefährtin unmittelbar durch ihr eigenes Verhalten die öffentliche Sicherheit gefährdet, indem sie selbst den Hund zum Angriff gegen Menschen einsetzt, entschied das VG. Dies gilt auch für die Angaben, die Lebensgefährtin sei zum Islam konvertiert.

Solche Vermutungen reichen nicht aus, um das Führen und Halten eines Hundes zu untersagen, so das VG weiter. Und: Die Vorschriften des Gewerberechts zu den „Strohmann-Verhältnissen“ lassen sich nicht in das Hunderecht übertragen.

Kein Anspruch auf Herausgabe

Dann räumte das VG eine Reihe von Rechtsirrtümern aus, die auf beiden Seiten bestanden:

  • Der Lebensgefährtin wurde das Eigentum am Hund nicht wirksam übertragen.
  • Sie war daher nicht Eigentümerin des Hundes oder sonst an diesem berechtigt. Somit konnte sie keinen Antrag auf Herausgabe von „Karan“ stellen.
  • Ein Herausgabeanspruch des Halters, den dieser gem. §§ 929 Satz 1, 931 BGB an die Lebensgefährtin hätte abtreten können, bestand nicht, da die Sicherstellung voraussichtlich rechtmäßig ist.
  • Die Abtretung des Herausgabeanspruchs war rechtlich nicht möglich, da der Vollzug der Sicherstellung ein relatives Veräußerungsverbot gem. §§ 135, 136 BGB begründet.
  • Der Herausgabeanspruch ist höchstpersönlich und daher nicht abtretbar.
  • Schließlich kann der Wegfall der Voraussetzungen der Sicherstellung aufgrund der Gesetzessystematik gerade nicht durch Abtretung des Herausgabeanspruchs herbeigeführt werden (hier von § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 NPOG).
  • Die Lebensgefährtin hat auch kein „sonstiges Recht“ an dem Hund nach dem Landeshundegesetz (hier § 7 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 NPOG).
  • Sie ist auch keine Hundehalterin im Zeitpunkt der Behördenentscheidung (hier: § 17 Abs. 4 Satz 2 NHundG).

Ergebnis

Die aufschiebende Wirkung des Hundehaltungsverbots gegen die Lebensgefährtin wurde wiederhergestellt. Die Leistungsklage auf Herausgabe von „Karan“ wurde abgewiesen. Es bleibt insoweit bei der Sicherstellung des Hundes.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)