Stillgelegtes Auto: Abschleppen ohne vorherige Verfügung?
Ein Fahrzeug, das keine Zulassung mehr hat darf nicht ohne Weiteres abgeschleppt werden, wenn zuvor nur ein Aufkleber mit einer Beseitigungsaufforderung an ihm angebracht worden ist (OVG NRW, Beschluss vom 24.11.2017, Az. 5 A 1467/16).
Ein zwar noch angemeldetes, aber von Amts wegen stillgelegtes Kraftfahrzeug war auf dem Seitenstreifen einer Straße abgestellt. Polizeibeamte hatten daraufhin die Dienstsiegel von den noch vorhandenen Nummernschildern entfernt und zugleich einen Aufkleber mit der Aufforderung angebracht, es binnen einer bestimmten Frist aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen. Für das nachfolgend durch die Stadt veranlasste Abschleppen und die Verwahrung des Fahrzeugs verlangte diese vom Kläger die Zahlung von ca. 175 Euro.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Erfolg. Der Antrag auf Zulassung der Berufung der Stadt wurde vom Oberverwaltungsgericht abgelehnt.
Entscheidungsgründe
- Der Antrag der Stadt auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt und die Verwaltungspraxis der Stadt für rechtswidrig befunden.
- Für die Stadt wäre es möglich und zumutbar gewesen, anhand der noch vorhandenen entstempelten Kennzeichen zunächst den vorrangig verantwortlichen Halter als Adressat einer möglichen Ordnungsverfügung zu ermitteln und ihn zum Entfernen des Fahrzeugs aufzufordern. Der damit verbundene Aufwand macht die Durchführung des von Gesetzes wegen im Regelfall vorgesehenen Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar.
- Der Sofortvollzug ist nur in Ausnahmefällen bei außergewöhnlicher Dringlichkeit zulässig. Hierzu steht eine Verwaltungspraxis, die pauschal alle Fälle der Beseitigung nicht zugelassener Kraftfahrzeuge im Wege des sofortigen Vollzugs behandelt und damit den Ausnahmefall zur Regel macht, im offensichtlichen Widerspruch zu geltem Recht.
- Präventive Erwägungen, wie sie die Beklagte im Hinblick auf die negative Vorbildwirkung anführt, begründen die außergewöhnliche Dringlichkeit ebenso wenig wie die Gefahr von Diebstahl und Vandalismus, zumal hier ein Zeitraum von elf Tagen bis zum Abschleppen in Kauf genommen worden ist.
- Der Behörde stehen auch rechtliche Möglichkeiten zur Beschleunigung des Verfahrens offen, das hier durch die Verwaltungspraxis im Zusammenwirken von Polizei und Stadt deutlich in die Länge gezogen worden ist. Die Stadt hat erst nach Ablauf der von der Polizei auf dem farbigen Aufkleber vermerkten Frist und einer Nachkontrolle durch die Polizei Kenntnis von dem ordnungswidrig abgestellten Fahrzeug erhalten, und zwar ohne dass die letzte Halteranschrift mitgeteilt worden ist.
- Anhaltspunkte dafür, dass der Halter des Fahrzeugs seiner Verpflichtung zur Beseitigung nicht nachkommen werde, sind nicht ersichtlich gewesen. Der Umstand, dass der Pflichtige den von der Polizei angebrachten Aufkleber nicht befolgt hat, reicht dafür nicht aus, da nicht feststeht, dass er hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat.
Hinweis
Vorinstanz VG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2016, Az. 14 K 6661/15.
Der Beschluss ist abrufbar unter https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2017/5_A_1467_16_Beschluss_20171124.html