12.10.2017

Selbstmörderfriedhof

Ging früher eine ledige Dienstmagd ins Wasser, weil sie von ihrem Dienstherr schwanger war oder erhängte sich ein Soldat, wenn er die im Krieg gesehenen Gräuel nicht vergessen konnte, hatten beide als Selbstmörder kaum eine Chance, auf dem örtlichen christlichen Friedhof bestattet zu werden. Alternative: Selbstmörderfriedhof? Wie wird Selbstmord in anderen Religionen gesehen?

Gräber

Bekannte Selbstmörderfriedhöfe

Ein bekannter „Selbstmörderfriedhof“ ist der Friedhof der Namenlosen beim Alberner Hafen im Süden Wiens. 1840 wurde er eigentlich für Wasserleichen eröffnet, später kamen Menschen, die sich selbst getötet hatten und auf den üblichen Pfarrfriedhöfen unerwünscht waren, hinzu. 1940 hat man den Friedhof geschlossen. Die Familie Fuchs kümmert sich liebevoll um seinen Erhalt.

In Berlin-Grunewald liegt Deutschlands einziger Selbstmörderfriedhof in der Nähe der Halbinsel Schildhorn. Die Gräber sind schlicht gehalten mit einfachen Grabsteinen und Kreuzen. Auch hier trieben im 19. Jahrhundert viele Wasserleichen ans Ufer. 1879 errichtete man den Friedhof für namenlose Tote, die im Grunewald aufgefunden wurden. Aufgrund des kirchlichen Bestattungsmonopols konnten Selbstmörder nicht auf eine übliche Beerdigung hoffen. Erst 1920 wurde es aufgehoben.

Selbstmord für Gläubige schwierig

Wer früher als Christ Selbstmord beging, war auf ewig verdammt. Für den Kirchenlehrer Augustinus standen Mord und Selbstmord auf einer Stufe. Der Selbstmord gehörte zu den Todsünden. Zwar lehnt die Kirche auch heute noch den Selbstmord ab, aber sie bemüht sich um Verständnis. Auch in anderen Religionen war und ist der Selbstmord problematisch: Im Islam begeht der Selbstmörder eine schwere Sünde: Der Zugang zum Paradies ist ihm verwehrt. Weil Gott allein über den Tod entscheidet, ist im Judentum der Selbstmord nicht erlaubt. Im Buddhismus muss der, der sich selbst tötet, bei seiner Wiedergeburt die nicht gelösten Probleme seiner Vorexistenz angehen und verhinderte Erfahrungen eines gescheiterten Lebens aufs Neue bestehen. Im Hinduismus werden die meisten Selbstmörder im nächsten Leben mit Krankheit oder anderen schlechten Bedingungen bestraft.

Allerdings ist Selbstmord in den meisten Religionen erlaubt oder wird sogar belohnt, wenn sich der Selbstmörder für andere Menschen oder seine Religion opfert. Der Zweck heiligt hier in gewissem Sinne die Mittel.

Mehr zum Thema Bestattung finden Sie im Werk Friedhofs- und Bestattungswesen.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)